Ab sofort voller Schadenausgleich und eigener Ansprechpartner
Verbesserte Schadenregulierung bei Massenkarambolagen
Wer in eine Massenkarambolage verwickelt wird, muss sich um die Regulierung der Schäden zukünftig weniger Sorgen machen.
Die deutschen Kraftfahrtversicherer haben ihre Vereinbarung zur Schadenregulierung nach Massenunfällen zugunsten der
Unfallbeteiligten geändert.
Beteiligte an einem Massenunfall können sich ab sofort zur Schadensausgleich direkt an ihren Kfz-Haftpflichtversicherer
wenden. Dieser übernimmt die Personen- und Sachschäden des Fahrers und der Insassen sowie die Schäden am Auto – auch wenn
der Halter keine Kaskoversicherung abgeschlossen hat.
"Die Schäden werden grundsätzlich in voller Höhe von den Kfz-Haftpflichtversicherern der beteiligten Fahrzeuge übernommen",
sagt Tibor Pataki, Leiter der Abteilung Kraftfahrtversicherung des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).
Bislang trugen die im GDV organisierten Kfz-Versicherer nur bei einem reinen Heckschaden 100 Prozent der Kosten. Bei Schäden an
Front und Heck sowie bei Totalschäden wurden zwei Drittel übernommen, bei einem reinen Frontschaden 25 Prozent. Zuständig für
die Schadenregulierung waren zudem oft nicht die eigenen Kfz-Haftpflichtversicherer, sondern andere, beauftragte Versicherungsunternehmen.
Auf den Schadenfreiheitsrabatt des Halters wird der Massenunfall nicht angerechnet. Außerdem sinkt die grundsätzliche Hürde für
die Anerkennung als Massenunfall von 50 auf 40 Fahrzeuge, in Ausnahmefällen reichen auch 20 Unfallautos.
"Nach einem Massenunfall ist die Situation oft chaotisch und unübersichtlich", begründet Pataki die Umstellung. "Wer den Unfall
verursacht hat und wer wie viel Schuld am Unfallgeschehen trägt, ist häufig nicht zu ermitteln. Die neuen Regeln geben den
Unfallopfern mehr Sicherheit."
Für eine möglichst schnelle und reibungslose Schadenregulierung nach Massenunfällen gibt es bereits seit 1983 freiwillige
Regulierungsaktionen der Kfz-Versicherer. Dabei wurden den Angaben zufolge Schäden von insgesamt 17 Massenunfällen reguliert
und dafür etwa sieben Millionen Euro aufgewendet. Vor allem bei Glatteis, Nebel oder Schneetreiben kommt es auf deutschen Autobahnen
immer wieder zu Unfällen, bei denen eine Vielzahl von Fahrzeugen miteinander kollidiert. Den letzten Massenunfall löste allerdings
ein Sandsturm aus – auf der A19 bei Rostock kollidierten im April 2011 insgesamt 83 Fahrzeuge. Acht Menschen starben, mehr als
hundert wurden verletzt.
Ob ein Massenunfall im Sinne der Vereinbarung vorliegt, entscheidet ein Gremium des GDV.
Grundlage für dessen Entscheidung sind Berichte der Polizei. Für eine freiwillige Regulierungsaktion müssen drei Bedingungen erfüllt
sein: Erstens darf die Polizei keinen Verursacher festgestellt haben, zweitens müssen mindestens 40 Fahrzeuge beteiligt gewesen sein
– ist der Unfallhergang nur schwer nachvollziehbar, reichen bereits 20 Fahrzeuge – und drittens muss das gesamte Unfallgeschehen in
einem engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang stattgefunden haben.