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Neu ab März: BMW 3er-Reihe |
BMW |
Vor gut zwei Monaten, Mitte August, passierte die Panne: Eine fertige Broschüre zum neuen Dreier-BMW fand ihren Weg
aus Slowenien über ungeklärte Wege zuerst ins Internet und dann auf die Redaktionstische der Autopresse. Bei BMW
läuteten alle Alarmglocken, doch es war zu spät. Die wichtigsten Infos und erste Bilder waren öffentlich zugänglich,
und ob es wirklich eine Panne war oder eher mutwillig angerichteter Schaden eines Einzelnen, spielte nur noch für
die Juristen des Hauses eine Rolle.
Jetzt haben sich die Münchner entschieden, den Spekulationen um die Echtheit des Dokuments und der Bilder ein
Ende zu bereiten - und haben erste offizielle Details veröffentlicht, etwas früher als ursprünglich vorgesehen.
Wer durch die Unterlagen und Fotos blättert, stellt dabei schnell fest, dass die bisherigen Informationen
absolut zutreffend waren.
Das Design, von BMW nichtssagend als im Zentrum von Z4, 1er, 5er und 7er angesiedelt bezeichnet, ist dabei nicht
unbedingt die Schokoladenseite. Zwar haben sich die Münchner weitgehend zurückgehalten und ihrem nach wie vor
wichtigsten Modell Designauswüchse wie bei den genannten Modellen erspart, andererseits aber auch, gerade im
Heckbereich, die bisherige Charakteristik genommen: Die Heckleuchten, isoliert betrachtet nicht schlecht, könnten
auch von einem Nissan stammen. Auch der an VW/Audi erinnernde V-förmige und weit nach unten gezogene Kühlergrill
ist wenig BMW-like, und die vielen Sicken an der Seite wirken eher unruhig als elegant oder sportlich.
Das Interieur lehnt sich an die Gestaltung von Z4 und 1er an, was insbesondere einem deutlich kleineren
Instrumenteneinsatz bedeutet, der sogar ohne analoges Kühlwasserthermometer auskommen muss - trotz der
nach wie vor sehr klar gezeichneten Instrumente ein deutlicher Rückschritt, sowohl optisch als auch technisch.
Ebenfalls der neuen Generation zum Opfer gefallen ist die fahrerorientierte, also leicht nach links gewinkelte,
Mittelkonsole - echte BMW-Fans werden die Köpfe schütteln, vor allem, wenn man ihnen sagt, dass BMW das Prinzip
jetzt "fahrorientiert" nennt. Auf der Mittelkonsole befinden sich die Bedieneinheiten für Radio und Heizung/Klima,
und als Extra der Monitor für das umstrittende iDrive-System, das es nur in Kombination mit einem intergrierten
Navigationssystem (DVD-basiert) gibt. Auch hier gilt: Die Doppel-Hutze ist Geschmackssache.
Zu den Fakten: Die fünfte Generation ist deutlich gewachsen - in der Länge um knapp fünf Zentimeter auf jetzt 4,52
Meter und insbesondere in der Breite um knapp acht Zentimeter auf dann fast 1,82 Meter. Die Höhe legt nur geringfügig
um sechs Millimeter zu. Parallel zur Karosserie ist auch der Radstand gewachsen, und zwar um 3,5 Zentimeter, so dass
die Proportionen und geringen Überhänge weitgehend erhalten bleiben. Die Karosserie ist dabei nach BMW-Angaben nicht
nur größer, sondern auch um 25 Prozent steifer als die des noch aktuellen Modells - bei gleichem Gewicht. Damit
sollen nicht nur im europäischen Crashtest EuroNCAP, sondern auch in den US-amerikanischen Pendants bestmögliche
Ergebnisse erzielt werden.
Natürlich profitiert auch das Raumangebot im Interieur von den gewachsenen Dimensionen, wenn BMW konkrete Zahlen auch
noch nicht nennt. Der 3er-Innenraum wirke "hell, weitläufig und großzügig", heißt es vielsagend im Pressetext, ganz so,
"wie es dem Lebensgefühl seiner Zielgruppe entspricht". Ah ja.
Neu entwickelt wurden die komplett aus Alu bestehende Doppelgelenk-Vorderachse, die für hohe Spurstabilität und
geringe Abrollgeräusche stehen soll. Hinten kommt eine Fünflenker-Hinterachse in Stahl-Leichtbau-Konstruktion zum
Einsatz. Vom Vorgänger übernommen wurde dagegen die ausgeglichene Gewichtsverteilung von 50:50.
Serienmäßig in allen Modellen sind Notlaufreifen, natürlich auch das zweistufige Bremslicht und erstmals im
Dreier eine Dreizonen-Klimaanlage mit Beschlagsensor, der BMW eine besonders schnelle Heiz- und Kühlfunktion attestiert.
Dazu kommen sechs Airbags sowie ESP, im BMW-Jargon nach wie vor als DSC bezeichnet. Bei den Sechszylinder-Varianten
beinhaltet das System erstmals auch erweiterte Zusatzfunktionen, wozu ein Hillholder gehört, aber auch Trockenbremsen der
Bremsscheiben bei Nässe und eine erhöhte Bremsbereitschaft durch vorsorgliches Anlegen der Bremsbacken an die Scheiben im
mutmaßlichen (und echten) Ernstfall. Außerdem sorgt die Technik bei schlechten Fahrern dafür, dass dass Nicken des
Fahrzeugs beim Abbremsen kurz vor dem Stillstand unterbleibt - natürlich nicht bei einer Vollbremsung, wo es um jeden
Zentimeter gehen kann.
Ebenfalls den Sechszylindern vorbehalten und nur gegen Aufpreis zieht jetzt auch die aus den 5er-Varianten bekannte
Aktivlenkung in die Mittelklasse ein. Sie übersetzt bei niedrigeren Geschwindigkeiten direkter, bei höherem Tempo
indirekter und verspricht damit, den Zielkonflikt konventioneller Lenkungen zwischen Agilität, Stabilität und Komfort zu
lösen. Im Dreier ist die Technik nochmals erweitert: Bei Bremsungen auf unterschiedlichen Reibwerten wie Fleckenteppichen
aus Eis, Schnee und Asphalt stabilisiert die Elektronik mit einem aktiven Lenkeingriff das Fahrzeug.
Serienmäßig in allen Versionen wird - wie im Einser - der Anlassknopf sein. Nachdem der Schlüssel in einen
entsprechenden Schacht eingeführt ist, erwacht der Motor auf Knopfdruck zum Leben - und wird mit diesem Knopf
auch wieder abgestellt. Dies allerdings ist in der Praxis eher ein Rück- denn ein Fortschritt, es sei denn,
man bestellt gleich noch die "Comfort Access" getaufte Sonderausstattung dazu, bei der das Mitführen des bartlosen
Schlüssels in der Jackentasche genügt, um Türen zu entriegeln und den Motor über eben jenen Knopf zu starten. Das
System erlaubt gegen weiteren Aufpreis auch die Speicherung persönlicher Vorlieben - von der Sitz- und Spiegelposition
bis hin zu den Einstellungen von Klimaautomatik und Radio. Ebenfalls als Extra sind Bi-Xenon-Scheinwerfer, erstmals
auch mit Kurvenlicht, zu haben.
Ein Blick auf die Motorisierungen, derer vier zum Serienstart zur Verfügung stehen werden: Basismotor ist
zunächst der Zweiliter-Vierzylinder, der jetzt korrekterweise 320i und nicht mehr 318i heißt - womit BMW aber
auch einige Verwirrung stiftet, war doch alles ab "20" bisher eine Sechszylinder-Maschine. Das mit "Valvetronic"
und variabler Nockenwellenverstellung ausgerüstete Aggregat wird baugleich auch in der 1er-Reihe eingesetzt.
Das bedeutet 150 PS bei 6.200 Umdrehungen und eine Drehmoment-Spitze von 200 Newtonmetern bei 3.600 Touren. So
motorisiert, erreicht der 320i Tempo 100 nach neun Sekunden und eine Höchstgeschwindigkeit von 220 km/h. Den
Verbrauch beziffert BMW auf 7,4 Liter im Mittel. Die Steigerung der Leistungswerte gegenüber dem bisherigen 318er
resultiert aus diversen Detailoptimierungen im Ansaug- und Abgasbereich.
Darüber rangiert der 325i - ein Sechszylinder mit 2,5 Litern Hubraum, der 218 PS und 250 Newtonmeter leistet.
Das vorläufige Topmodell hört auf die Bezeichnung 330i. Die Sechszylinder-Maschine, wie auch das 2,5 Liter-Pendant
angenehmerweise nach wie vor in R-Bauweise ausgeführt, leistet jetzt 258 statt bisher 231 PS. Das Drehmoment beträgt
300 Nm zwischen 2.500 und 4.000 Touren. Der Motor, im Kurbelgehäuse-Bereich statt aus Aluminium jetzt aus dem nochmals
leichteren Magnesium gefertigt, verfügt ebenfalls über die stufenlose Ventilsteuerung "Valvetronic" und die variable
Nockenwellenverstellung. Tempo 100 erreicht der 330er nach 6,3 Sekunden, das maximale Tempo liegt bei elektronisch
begrenzten 250 km/h, der Verbrauch bei durchschnittlich 8,7 Litern.
Ebenfalls aus dem 1er bekannt ist der vorläufig einzige Diesel, der aus vier Zylindern 163 PS leistet. Die Daten: Von
Null auf 100 in 8,3 Sekunden, Höchstgeschwindigkeit 225 km/h, Verbrauch 5,7 Liter. Die Maschine erfüllt die EU4-Abgasnorm,
wird aber nicht in Verbindung mit einem Rußfilter angeboten - in diesem Punkt hat BMW die nach einer entsprechenden Ankündigung seinerzeit erwartete Führungsrolle unter den deutschen Herstellern inzwischen klar verloren.
Alle Varianten verfügen serienmäßig über ein manuelles Serchsgang-Getriebe; eine ebenfalls sechsstufige Automatik steht
optional zur Verfügung. Wie bei BMW und anderswo üblich, folgen weitere Motoren im Laufe der Zeit. Konkret angekündigt
ist bereits ein Basis-Vierzylinder für Herbst 2005, und auch einen größeren Diesel wird es wieder geben.
Die intern E90 genannte Baureihe wird im nächsten Frühling auf den Markt kommen, genauer gesagt am 5. März nach der
Premiere auf dem Genfer Autosalon. Preise stehen noch nicht fest. Den Compact wird es zugunsten der 1er-Reihe
künftig nicht mehr geben, wohl aber wird BMW der Limousine mit einigem Abstand wieder Kombi und Coupé/Cabrio folgen
lassen. Flotter Dreier.