Tagsüber Strom für Supermarkt-Kunden, nachts für die WeShare-Flotte
Berlin: VW und Lidl kooperieren bei E-Ladestationen
Volkswagen und die Schwarz-Gruppe kooperieren bei Ladestationen für E-Autos. Dort, wo tagsüber
Kunden Strom laden, will VW nachts seine Sharing-Flotte "betanken". Die Behauptung, Supermärkte
seien die Tankstellen der Zukunft, scheint aber deutlich überhöht.
Bald wird es mutmaßlich Elektroautos in großer Zahl geben, alleine die möglichen Ladepunkte hinken der Entwicklung hinterher.
Das kann natürlich nicht im Interesse der Autobauer sein, weswegen sie in diversen Projekten neue E-Tankstellen planen und
realisieren. Weil das ein ebenso aufwendiger wie teurer Prozess ist, handelt es sich oft um Kooperationen - mit anderen
Autobauern wie bei IONITY, mit Tankstellenbetreibern, mit Städten oder regionalen Versorgern oder - mit Supermarktketten.
Letzteren Weg beschreitet jetzt Volkswagen in Berlin zusammen mit der Schwarz-Gruppe, die in Deutschland die Kaufland-Märkte
und Lidl-Discounter betreibt und zu den Branchenriesen zählt. Kern der Idee ist, die Lader doppelt zu nutzen - tagsüber für
die Marktkunden, nachts für die E-Flotte von VWs vor dem Start stehenden CarSharing-Diensts "WeShare".
Geplant ist den Angaben zufolge die Errichtung von 140 Ladepunkten an 60 Lidl- und zehn Kaufland-Filialen in Berlin. Jeweils ein
Ladepunkt pro Supermarkt wird als Schnelllader (50 kW) und der andere als Normallader umgesetzt.
Was einerseits nach win-win-Projekt klingt, zeigt andererseits geradezu exemplarisch die Schwierigkeiten beim Thema E-Infrastruktur:
Selbst wenn die Pläne umgesetzt sind, verfügt noch nicht einmal jede zweite Berliner Lidl-Filiale über eine Elektrotankstelle. Wenn
sich Elektroautos künftig nur annähernd so verbreiten wie das allgemein erwartet und von VW im Besonderen erhofft wird, ist das
weder insgesamt noch bezogen auf eine Filiale ausreichend.
Auch dürften 50 kW Leistung nur eine Übergangslösung sein, wenn die künftigen E-VWs à la ID.3 mit bis zu 125 kW laden können. Beim
e-Golf genügen laut VW-Digitalvorstand Christian Senger "gerade einmal 45 Minuten an der Schnellladesäule". Für was es reicht, lässt
Senger, der Supermärkte als Tankstellen der Zukunft bezeichnet, offen. In jedem Fall: Der Autor dieser Zeilen hat noch nie 45 Minuten
beim Discounter verbracht.
Insgesamt will VW alleine in Berlin demnächst 1.500 e-Golf bei WeShare einsetzen und Anfang 2020 zusätzlich 500 Exemplare des eigentlich
eingestellten e-Up. 140 nächtliche Ladepunkte für 2.000 E-Autos klingt nicht gerade nach einem zu Ende gedachten Konzept. Die oft
diskutierte, aber nie umgesetzte Idee, Straßenlaternen zu Chargern zu machen, ist vielleicht doch nicht so verkehrt.