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Darunter steht er, der neue Dreier |
BMW |
BMW wird die Premiere des neuen Dreier voraussichtlich gegenüber der ursprünglichen Planung um ein halbes Jahr
vorziehen und die neue, intern E90 genannte Generation bereits im Frühjahr 2005 auf dem Genfer Salon und nicht
erst im September auf der IAA vorstellen. Das jedenfalls berichtet die Presse, und es würde (einmal abgesehen zur
zeitlichen Nähe der 1er-Laufzeit) auch Sinn machen: Die Mercedes C-Klasse ist bereits überarbeitet, und noch im Herbst
wird Audi den A4 aufmöbeln. Für den vorgezogenen Termin spricht auch, dass man in München offenbar bereits dabei ist,
Broschüren und Ähnliches fertigen zu lassen, sogar für ausländische Märkte.
Bereits am vorletzten Samstag erreichte unsere Redaktion jedenfalls ein slowenischer Flyer zum neuen Auto, der
inzwischen vielerorts im Internet kursiert - mit Fotos, technischen Daten und Ausstattungstabellen. Ganz offensichtlich
hat es bei der Produktion der Broschüre eine undichte Stelle gegeben, nach der die Münchner gerade fahnden. Letzteres
jedenfalls sagt BMW-Sprecher Andreas Sauer auf Autokiste-Anfrage. Ob es sich bei dem Material auch wirklich um
endgültige Bilder handelt, mag Sauer naturgemäß nicht bestätigen, aber auch nicht dementieren. Mehr als ein "Kein
Kommentar" ist dem PR-Profi dazu nicht zu entlocken. Doch vieles spricht dafür, dass die Broschüre tatsächlich
den E90 zeigt - in allen Facetten. Allerdings, und darauf weisen wir ausdrücklich hin, ist dies nicht 100%ig sicher -
denkbar wäre etwa, dass BMW seine Agenturen schlauerweise vorab nur mit "Platzhalter"-Bildern versorgt hat. Auch aus
diesem Grund hatten wir bisher von einer Veröffentlichung abgesehen - doch nun, wo nach und nach alle großen Anbieter
die Bilder zeigen, kommen wir kaum umhin, uns anzuschließen.
Zu sehen ist also mutmaßlich die endgültige Formgebung des nach wie vor wichtigsten BMW-Modells, und sie entspricht
weitgehend dem, was nach Betrachtung der schon länger in diversen Magazinen gedruckten Erlkönig-Bilder und Fotomontagen
zu erwarten war. Konkret bedeutet dies, dass sich die Münchner in punkto Optik weitgehend zurückhalten, also auf
Experimente wie das Siebener-Heck oder die Z4-Seiten- und Hecklinie verzichten: Was sich über Jahre hinweg gut
verkaufen muss, darf keine zu großen Experimente wagen und Risiken eingehen. Für BMW ist der Dreier letztlich
wichtiger als der Golf für VW.
Die neue Limousine wächst in der Länge um knapp fünf Zentimeter auf jetzt 4,52 Meter, der Radstand parallel dazu
um 3,5 Zentimeter auf 2,76 Meter. Die Spurweite wächst in gleicher Größenordnung ebenfalls auf 1,50 Meter vorne bzw.
1,53 Meter hinten. In der Höhe geht es um knapp einen Zentimeter nach oben auf jetzt 1,424 Meter, die Breite
schließlich steigt von knapp 1,74 deutlich auf künftig knapp 1,82 Meter.
Vorne gibt es im Grundsatz die klassische BMW-Linie mit Scheinwerfern à la 1er, einer nochmals gewachsenen "Niere",
die eher an den Sechser erinnert, und einer Motorhaube, die über diesem Grill endet. Alles darunter gehört zur
Frontschürze, die groß ausgefallen ist, ohne aber zu mächtig zu wirken. Auffallend ist der nach hinten versetzte Übergang
zwischen Grill und dem unteren mittleren Lufteinlass, was in seiner Auffälligkeit und V-Form durchaus ein bisschen an das
neue Audi- und künftige VW-Antlitz erinnert. Die Scheinwerfer verfügen unter der gemeinsamen Klarglasscheibe über zwei
Rundleuchten, wie man es von BMW kennt. Der Blinker sitzt dort, wo er hingehört, also außen, ist aber nicht rund, wie es
teilweise erwartet worden war.
In der Seitenansicht fällt eine deutlich modellierte Sicke in Höhe der Türgriffe ins Auge, die auch durch die Tankklappe
verläuft, mehr aber noch eine weitere zwischen der Oberkante der Heckleuchten und der unteren Fensterlinie. Dieses
Gestaltungselement kommt ganz offensichtlich nicht nur bei Mercedes, sondern auch bei BMW wieder verstärkt zum Einsatz.
Die Tür-Unterkanten sind nur leicht nach hinten oben gebogen, der Schweller weist ebenfalls eine Sicke auf. Seitliche
Schutzleisten gibt es nicht mehr - ein klarer Rückschritt. Mehr Mühe gegeben haben sich die Designer mit den
neuen, formschönen Außenspiegeln, die BMW-typisch nicht direkt am Fenster anliegen. Insgesamt ist auch aus der
Seitenperspektive der Dreier sofort als Dreier oder wenigstens als BMW zu erkennen.
Am Heck wird das etwas schwieriger, wozu vor allem die Rückleuchten beitragen. Hier hat BMW - wohlgemerkt nach dem
ersten Eindruck der ersten Bilder - wie schon beim Einser ein nicht ganz so glückliches Händchen gehabt. Markenspezifisch
sehen die weiterhin geteilten Leuchten jedenfalls nicht aus, eher etwas japanisch, allenfalls noch an den 5er Touring
erinnernd. Die dritte Bremsleuchte verbleibt sinnvollerweise oben in der Scheibe, und auch die Navi-Antenne ist so
auffällig geformt wie von BMW gewöhnt. Das Kofferraumvolumen wächst von 440 auf 460 Liter, die maximale Zuladung von
500 auf 520 Kilogramm. Den Zuwachs beim Leergewicht hat BMW ebenfalls auf nur rund 20 Kilogramm beschränken können.
Zuletzt der Blick ins Interieur: Auch hier keine allzu großen Überraschungen. Das iDrive-Bediensystem wird es geben, aber
nur als Extra. Wer es ordert, bekommt den typischen, umstrittenen "Doppel-Höcker". Eine zum Fahrer geneigte Mittelkonsole
hat BMW auch beim Dreier nicht mehr vorgesehen, was manche Fans sicher ärgern dürfte, letztlich aber kein echter Nachteil
ist. Unter dem iDrive-Bildschirm gibt es zwei rechteckige Lüftdüsen, Warnblink-, Zentralverriegelungs- und ESP-Schalter,
darunter folgt die Bedieneinheit der Klimaanlage, dann Radio bzw. bei iDrive nur die CD-Schlitze und schließlich eine
Schalterreihe, u.a. mit den Tasten für Sitzheizung.
Lenkrad, Lichtschalter und dergleichen sind konventionell ausgeführt, und auch Rundinstrumente gibt es schönerweise
immer noch, wenn auch nur noch zwei große mit zwei integrierten kleinen für Tankinhalt (im Tacho, links) und, soweit
erkennbar, Momentanverbrauch (rechts, im Drehzahlmesser). Eine analoge Wassertemperaturanzeige sucht man dagegen
vergebens, mutmaßlich lässt sich diese Information aber wenigstens noch über die Displays zwischen beiden Uhren abrufen.
Gestartet wird wie im Einser über einen Druckknopf links neben den Lüftungsdüsen, was ohne Verbindung mit einem
schlüssellosen Zugangssystem den Anlassvorgang nicht erleichtert, sondern unnötig verkompliziert, wie hinzugefügt werden
muss.
Zum Leben erweckt werden damit in der vorläufigen Basisversion der 320i mit 150 PS, wobei es sich insoweit nicht mehr
um den 2,2 Liter-Sechszylinder, sondern nur noch um den Vierzylinder aus dem 1er handelt. Während hier also die Leistung
20 PS geringer ist als bisher, bietet der ebenfalls vierzylindrige 320d mit jetzt 163 PS ebenfalls wie im Einser mehr
Kraft als aktuell. Außerdem gibt es die beiden Sechszylinder 325i und 330i, die dann 218 und 258 PS leisten werden.
Wie üblich wird BMW nach und nach weitere Motor-, Karosserie- (Kombi, Coupé, Cabrio) und Antriebsversionen (Allrad)
nachlegen. Eine erfolgreiche Familie muss schließlich wachsen und gedeihen.
Bei BMW dürfte dieser Tage wegen der Panne schlechte Stimmung herrschen, aber man sollte die Bedeutung solcher
Vorabinfos auch nicht überbewerten: Man erinnere sich nur, wie Touristen die damals noch nicht vorgestellte neue
Mercedes E-Klasse bei Dreharbeiten in New York ungetarnt ablichten konnten. Der 211er wurde trotzdem ein sehr
erfolgreiches Auto.