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In der Diskussion um eine Offenlegungspflicht für einzelne Vorstandsgehälter hat Porsche deutliche Kritik an den
Gesetzesplänen von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) geübt.
Nach Ansicht des Sportwagenbauers brächte eine Offenlegung keinen Erkenntnisgewinn für die Anleger mit sich. Für den
Aktionär sei lediglich relevant, ob die Vorstandsbezüge insgesamt in einem angemessenen Verhältnis zum Unternehmenserfolg
stünden. Dazu genüge die Angabe der Gesamtsumme der Bezüge sowie deren Zusammensetzung aus fixen und erfolgsabhängigen
Anteilen.
Im Gegensatz zur Position des Ministeriums sei die isolierte Information über die Höhe der individuellen Bezüge
eines Vorstandsmitglieds eben nicht geeignet, die Angemessenheit der Vorstandsvergütungen zu beurteilen. Dazu wäre nach
Meinung von Porsche die Kenntnis der bei jedem Vorstandsmitglied unterschiedlichen Umstände notwendig, die maßgeblich
für die Bemessung waren. Zudem habe eine Offenlegung der Gehälter nach bisheriger Erfahrung dazu geführt, dass die
Bezüge eher steigen - unbesehen der unterschiedlichen Leistung, Erfahrung und Verantwortung der einzelnen
Vorstandsmitglieder. Dies könne schwerlich im Interesse der Aktionäre sein.
Weiter hieß es, das Unternehmen erkenne die Bemühungen des Gesetzgebers um einen verfassungsgemäßen Ansatz an, halte
den jetzt vorgestellten Entwurf im Ergebnis aber dennoch für verfassungswidrig. Sowohl das Grundgesetz als auch die
Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte garantierten jedem Bürger das Recht auf informationelle
Selbstbestimmung, in das nur unter Beachtung des Verfassungsgrundsatzes der Verhältnismäßigkeit eingegriffen werden darf.
"Schlichte Neugier und diffuse Transparenzbedürfnisse einer selbst ernannten kritischen Öffentlichkeit rechtfertigen
den geplanten Eingriff jedoch nicht", kritisierte Porsche mit deutlichen Worten.
Zypries hatte am Freitag Eckpunkte eines entsprechenden Gesetzentwurfs vorgelegt, wonach alle rund 1.000 börsennotierten
Aktiengesellschaften künftig alle Vorstandsbezüge individuell veröffentlichen müssen. Noch im vergangenen Jahr hatte es
geheißen, man werde ein solches Gesetz nur dann auf den Weg bringen, wenn sich nicht rund zwei Drittel der DAX-Unternehmen
freiwillig entsprechend verhielten.
Zwar sieht der jetzige Entwurf vor, dass die Hauptversammlung mit einer Mehrheit von 75 Prozent der stimmberechtigten
Aktionäre die Pflicht ablehnen kann, was aber in der Praxis meist ein Papiertiger bleiben dürfte - außer, notabene, bei
Porsche, wo die Eigentümerfamilien Porsche und Piëch Vorstandschef Wendelin Wiedeking nach Informationen des "SPIEGEL"
bereits entsprechende Zusagen gemacht haben.
Zu den im DAX erfassten Unternehmen, die die Bezüge individualisiert ausweisen oder dies für die nahe Zukunft angekündigt
haben, gehören u.a. die Deutsche Bank, Deutsche Telekom, Allianz, Metro, Lufthansa, SAP, Adidas, Siemens, Bayer und
Volkswagen - Konzernchef Pischetsrieder hat 2004 nach dem neusten Geschäftsbericht 2,63 Millionen Euro verdient. Zu den
Gegnern im DAX gehören u.a. BASF, Henkel, DaimlerChrysler und BMW.
Kommentar:
In der Tat ist zweifelhaft, ob das Gesetz vor dem Bundesverfassungsgericht Bestand haben wird. Zwar ist das Recht auf
informationelle Selbstbestimmung im Grundgesetz nicht explizit geregelt, es ergibt sich jedoch aus dem allgemeinen
Persönlichkeitsrecht: Jeder Mensch kann grundsätzlich selbst darüber entscheiden, ob er personenbezogene Daten
preisgibt, entschieden die Verfassungsrichter bereits 1983 im Volkszählungsurteil.
Gegen die Neuregelung spricht auch die Vorschrift des § 286 Absatz 4 im Handelsgesetzbuch, die ausdrücklich besagt,
dass selbst die Gesamtbezüge des Vorstands nicht veröffentlicht werden müssen, wenn sich daraus das Gehalt eines
einzelnen Mitglieds errechnen lässt.
Porsche hat es sehr deutlich formuliert, und wie so häufig kann man nur zustimmen: Man sollte Transparenz, die Anpassung
an US-amerikanische Standards und die "Aktienkultur" nicht höher bewerten als Datenschutz und Persönlichkeitsrechte.
Auch wenn man über die Angemessenheit der Bezüge von "Industriebossen" zweifellos genauso diskutieren kann wie über
andere hochbezahlte Berufsgruppen, scheint es verständlich, dass die Chefs ihre Lohnabrechnungen nicht in der Presse
lesen möchten: Es geht weder die Mitbewerber noch die Öffentlichkeit etwas an. Dort sind, vom öffentlichen Dienst
einmal abgesehen, andere Gehälter ja auch nicht für jedermann zugänglich. Warum auch? — Man sollte annehmen, dass
die Bundesregierung dringendere Probleme zu lösen hat. (hsr)