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Erneut startet Mercedes |
DCX/ak |
eine große Rückrufaktion - für CLS-, SL- und vor allem für die E-Klasse |
Mercedes-Benz startet erneut eine großangelegte, weltweite Rückrufaktion. Betroffen davon sind insgesamt rund 1,3
Millionen Fahrzeuge der E-, CLS- und SL-Klasse.
Bei Fahrzeugen mit Sechs- und Achtzylinder-Benzinmotoren aus dem Produktionszeitraum Juni 2001 bis November 2004 werde
der Spannungsregler der Lichtmaschine überprüft und gegebenenfalls ausgetauscht, teilte der Autobauer am Donnerstag mit.
Fahrzeuge der E- und CLS-Klasse aus dem Produktionszeitraum Januar 2002 bis Januar 2005 erhalten außerdem eine neue
Software des Batteriesteuergerätes. Insoweit handelt es sich nicht um sicherheitsrelevante Bauteile; die Maßnahme dient
"nur" der Erhöhung der Zuverlässigkeit.
Größer ist das Problem an der Bremsanlage der Fahrzeuge. Es handelt sich dabei um die elektrohydraulische "Sensotronic
Brake Control" (SBC), die bereits im Mai 2004 Auslöser einer großen Rückrufaktion war (Autokiste berichtete). Diese
Anlage werde, so Mercedes wörtlich, "aktualisiert".
Konkret wird eine neue Pumpeneinheit eingebaut, erläuterte ein Sprecher auf Autokiste-Anfrage. Eine zu hohe
Fertigungstoleranz führe insoweit zu einem erhöhten Verschleiß der Kolben und in der Folge zu einem geringeren
Systemdruck, woraufhin das SBC-System in den rein hydraulischen Modus zurückschalte, was zu längerem Pedalweg,
erhöhtem Pedaldruck und zur Fehlersignalisierung im Cockpit mit dem etwas paradoxen Hinweis "Bremse defekt! Bitte
anhalten!" führt. Betroffen hiervon sind den Angaben zufolge jedoch nur Pumpen aus dem Produktionszeitraum
November 2003 bis Januar 2004.
Bei SBC-Fahrzeugen der drei genannten Baureihen, die zwischen Juni 2001 und März 2005 produziert wurden, wird
außerdem ein Halter für den Kabelsatz, der zur Hydraulikeinheit führt, angebracht. Hier kann es durch Bewegungen
zu Abrieb an den Kabeln kommen, was zu einem höheren Widerstand und in der Folge wiederum zu einer Abschaltung
von SBC führt. Der Sprecher bestätigte auch, dass es durch SBC-Ausfälle zu Unfällen mit Sachschaden gekommen sei.
Der ebenfalls SBC-gebremste Maybach, mit einem doppelten System ausgerüstet, ist von der Maßnahme nicht betroffen.
Die Batteriesteuergeräte und Generatorenregler stammen von Bosch, die Bremse ist eine Gemeinschaftsentwicklung
von Bosch und DaimlerChrysler. Vorsorge für Ersatzteile sei getroffen, so Bosch. Andere Autohersteller seien
mit Systemen dieser Spezifikation nicht beliefert worden und also nicht betroffen. Bosch kündigte an, DaimlerChrysler
bei der Umsetzung der Maßnahmen zu unterstützen. Wer in welchem Maß die Kosten trägt, war naturgemäß nicht zu erfahren.
Der neue Mercedes-Chef Dr. Eckhard Cordes meint es offenbar ernst mit der längst überfälligen Qualitätsoffensive:
"Wir produzieren die beste Produktqualität aller Zeiten und möchten, dass auch in Kundenhand beanstandete Fahrzeuge auf
einen Qualitätsstand kommen, der unseren höchsten Erwartungen entspricht", sagte der Manager in Stuttgart.
Cordes hatte unlängst in einem Interview mit der "ZEIT" erklärt, alle jetzt ausgelieferten Autos hätten, so wörtlich,
die "höchste Qualität, die wir je hatten" - wer noch die Modelle aus den 80er- und frühen 90er-Jahren kennt, mag
Zweifel hegen. Aus Verkäuferkreisen ist zu hören, dass etwa die langsame Markteinführung der neuen M-Klasse, die
bereits seit Mitte Dezember 2004 produziert wird, aber erst im Juli dieses Jahres bei den Händlern stehen wird,
ebenfalls auf deutlich erhöhte Qualitätsmaßnahmen und Stichproben-Kontrollen zurückgeht.
Zu den Kosten der Aktion und zur Zahl der in Deutschland betroffenen Modelle wollte Mercedes keine Angaben machen.
Fest steht aber, dass es sich um die größte Rückrufaktion in der Geschichte des Unternehmens handelt. Die Kunden
werden schriftlich benachrichtigt; außerdem steht die übliche Hotline (00800-17777777) für Auskünfte an Betroffene
zur Verfügung.