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Innovativ: Mercedes F 600 |
DaimlerChrysler |
Alle Welt redet vom Hybrid-Antrieb – und weiß doch, dass diese Technik in ihrer jetzigen Ausprägung nur eine
Übergangslösung sein kann. Einen Ausblick in die fernere Zukunft gibt jetzt Mercedes in Tokio erneut mit einem
Brennstoffzellen-Auto.
"600" ist für die Schwaben und Mercedes-Fans eine legendäre Bezeichnung, vor allem im Hinblick auf jenes lange, aber
selten gebaute Flaggschiff, dass schlicht "600" hieß (Baureihe W 100) und zu den absoluten Traumautos der Stuttgarter
gehört. Jetzt gibt es wieder einen 600er, der auch kein "S", sondern ein "F" im Namen trägt. Gemeint ist nicht eine
erneute zusätzliche Baureihe, vielmehr steht das Kürzel für Forschungsfahrzeug.
Wichtigstes, wenn auch keineswegs einziges technisches Highlight des Autos ist sein Antriebskonzept, das erneut auf
Brennstoffzellen-Technik setzt. Diese von Mercedes bereits seit Jahren erforschte Technik konnte im neuesten
Technologieträger in punkto Größe, Effizienz und Kaltstartverhalten erneut deutlich verbessert werden.
Das Ergebnis ist ein Antrieb, der maximal 115 PS und dauerhaft 82 PS leistet, das Drehmoment beträgt 350 respektive
250 Newtonmeter. Da nicht benötigte Energie in einer jetzt auf Lithium-Ionen-Basis entwickelten Batterie gespeichert
wird, arbeitet das System ähnlich wie ein Hybridantrieb und nutzt in jeder Fahrsituation die jeweils beste Energiequelle.
So wird beispielsweise beim Einparken oder Rangieren ausschließlich auf die Batterie als Leistungsspender zurückgegriffen,
während beim Beschleunigen Brennstoffzelle und Batterie gemeinsam Energie liefern. Beim Bremsen dient der Elektromotor
als Generator und lädt die Batterie auf.
Das Ergebnis kann sich sehen lassen: der F600 mit dem Beinamen "Hygenius" verbraucht umgerechnet nur 2,9 Liter je 100
Kilometer, wohlgemerkt ohne jede Abhängigkeit von fossilen Energieträgern. Eine Tankfüllung Wasserstoff reicht für 400
Kilometer. Das Beste freilich kommt aus dem Auspuff - reines Wasser.
Akzente setzt das Fahrzeug aber auch abseits der Antriebstechnik: Der mit 4,35 Meter Länge der Kompaktklasse
zuzurechnende, viertürige F600 ist hoch variabel im Innenraum und bietet dort das Platzangebot einer Oberklasse-Limousine.
Der Abstand zwischen den Vorder- und Fondsitzen beträgt je nach Konfiguration etwa bis zu 1,35 Meter. Dank einer neuen
Technik sind die Rückenlehnen des Beifahrersitzes und der Einzelsitze im Fond beidseitig nutzbar; sie lassen sich so nach
vorne schwenken, dass auf den Sitzpolstern ISOFIX-Kindersitze entgegen der Fahrtrichtung eingeklinkt werden können. Zudem
lassen sich die hinteren Sitze in Längs- und Querrichtung verschieben.
Für den Fahrer haben die Techniker einen neuartigen Sitz entwickelt, dessen zweiteiliges Rückenpolster den Bewegungen
des Oberkörpers folgt und in jeder Sitzposition die optimale Entlastung der Bandscheiben gewährleistet. Lehnt sich der
Autofahrer beispielsweise im Sitz weiter zurück, schwenkt automatisch der untere Teil des Rückenpolsters nach vorne und
stützt das Becken ab.
Die Heckklappe ist zweiteilig konstruiert: Bei beengten Platzverhältnissen klappt sie während des Öffnens automatisch das
untere Element nach innen, sodass sich der Schwenkbereich der Heckklappe deutlich verkleinert. Gleichzeitig bewegt sich
der Heckstoßfänger nach unten und zieht die Bodenplatte des Kofferraums hervor, die dadurch leichter zu beladen ist.
Auch die vorderen Türen zeichnen durch geringen Platzbedarf und hohen Komfort aus: Sie schwenken schräg nach oben und
nehmen dabei weniger seitlichen Raum in Anspruch als herkömmliche Autotüren.
Weitere technische Highlights sind naturgemäß LED-Leuchten auch im Hinblick auf die Scheinwerfer, deren unterschiedliche
Funktionen wie Fern-, Kurven- und Abbiegelicht rein elektronisch angesteuert werden und deswegen keine beweglichen
Bauteile mehr benötigen. Kameras in den Außenspiegeln beobachten das Verkehrsgeschehen neben und hinter dem F 600 auch
dann, wenn das Forschungsfahrzeug parkt. Nähert sich ein anderes Auto oder ein Zweiradfahrer von hinten, blockiert das
System automatisch für kurze Zeit die Türen, um beim Öffnen eine Kollision zu verhindern. Während der Fahrt überwacht
das Videosystem den "toten Winkel" der beiden Außenspiegel und warnt ggf. den Fahrer beim Spurwechsel.
Schließlich gibt es auch ein neues Bedienkonzept, dass sich in Teilen auf die Technik der neuen S-Klasse verlässt,
letztlich aber doch zwei Schritte weitergeht: Der zentrale Dreh- und Drücksteller des Bedienfelds erkennt automatisch,
ob er vom Fahrer oder vom Beifahrer berührt wird und ermöglicht so beiden Passagieren etwa individuelle
Klima-Einstellungen. Die Darstellungen auf den beiden Farb-Displays in der Instrumententafel werden über zwei Spiegel
umgelenkt und so projiziert, dass sie optisch in einer Entfernung von 1,40 Meter vor dem Fahrer erscheinen - das Auge
soll von der geringeren Entfernungs-Umstellung zwischen dem Blick auf die Straße und jenem auf die Anzeigen
profitieren, die Sicherheit gewinnt durch die schnellere optische Erfassung.
Die allgemeine passive Sicherheit wird ergänzt um zusätzliche "PRE SAFE"-Funktionen, wie sie so oder ähnlich auch
künftig in Serie gehen sollen. Dazu gehört ein aktiver Knieschutz, der den Beifahrer abstützt, und Kopfstützen mit
automatisch ausfahrbaren Seitenwangen, die den Kopf fixieren.
Dennoch bleibt der F 600 zunächst ein reines Forschungsfahrzeug. Was die Brennstoffzellen-Technik betrifft, so
will Mercedes nach heutigem Stand die Marktreife zwischen 2012 und 2015 erreichen. Man wird sehen.