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Ab Sommer: VW Polo "BlueMotion" |
Volkswagen |
Der Drei-Liter-Lupo ist tot, es lebe der Vier-Liter-Polo: Als Quasi-Nachfolger des inzwischen eingestellten besonders
sparsamen Lupo zeigt VW auf dem Genfer Autosalon einen Serien-Polo, der unter vier Liter verbraucht – und
sogar einen Rußfilter aufweist.
Das Auto, das entgegen den Erwartungen nicht als "Eco-Polo" oder "Polo eco", sondern unter dem Zusatznamen "BlueMotion"
vermarktet wird, soll noch diesen Sommer in Deutschland, Österreich und der Schweiz auf den Markt kommen. Das (gerade
erst als Marke angemeldete) Kunstwort stehe dabei für die "VW-Farbe" Blau, erläutert der Autobauer - wohl ahnend, dass
die erste Assoziation eher das "Bluetec" von Mercedes ist.
Für Vortrieb sorgt der aus der Serie bekannte Dreizylinder-TDI mit 1,4 Litern Hubraum, und zwar in der stärkeren
Variante mit 80 PS und einem Drehmoment von 195 Newtonmetern. Das Aggregat ist - man höre und staune - serienmäßig
an einen Rußpartikelfilter gekoppelt.
Zunächst ein Blick auf den Verbrauch: Der Kleinwagen gibt sich im Norm-Mittel mit 3,9 Litern Diesel zufrieden - das
sind einerseits deutlich mehr als die 2,99 Liter des seinerzeitigen Lupo 3L, andererseits aber dennoch ein sehr guter
Wert, der dem Auto auch den Titel "sparsamster Polo aller Zeiten" einbringt. Das ist ein größeres Kompliment, als es
sich vielleicht zunächst anhört, wenn man bedenkt, wie lange der Polo schon zum VW-Portfolio gehört wie er im Laufe
der Jahre nicht nur an Leistung, sondern auch an Speck, sprich Kilogramm, zugelegt hat.
Zu berücksichtigen beim internen Verbrauchsvergleich ist neben dem tendenziell verbrauchsfördernden Rußfilter vor
allem, dass ein Polo naturgemäß eine Klasse höher als ein Lupo positioniert ist und dementsprechend noch mehr
Alltagstauglichkeit und mutmaßlich auch Sicherheit mitbringt. Für ersteres stehen beispielhaft das Platzangebot
für Passagiere und Gepäck, das Tankvolumen, das Fahrverhalten, die Instrumentierung - und in gewisser Weise auch das
Image.
Weil also vier Liter technisch überproportional leichter als drei Liter Verbrauch zu erreichen sind, mussten die
Ingenieure beim Polo auch nicht halb so viel Aufwand treiben wie beim Lupo: Die Verbrauchssenkung um einen guten
halben Liter und gleichzeitig um 16 Gramm CO2-Emmissionen pro Kilometer (jetzt: 103 g/km) gegenüber dem Serienmodell
geht zuvorderst auf das Konto innermotorischer Maßnahmen, aerodynamischem Feinschliff und einer längeren Übersetzung;
Gewichtsreduktion stand nur am Rande auf der Agenda, ein spezielles Getriebe oder eine Start-Stopp-Automatik sind
nicht vorhanden und damit auch nicht preistreibend.
Die innermotorischen Maßnahmen betreffen insbesondere die Umstellung auf einen Turbolader mit variabler Turbinengeometrie
und eine optimierte Abgasrückführung. Dadurch liegt das maximale Drehmoment statt bei 2.200 bereits bei 1.800 Touren an,
womit sich die "Schongang"-Charakteristik des Fünfgang-Getriebes, konkret um zwölf bis 24 Prozent längere Übersetzungen
in den Gängen drei bis fünf, gut kaschieren ließ.
Einbußen bei den Fahrleistungen resultieren hieraus nämlich nicht, jedenfalls nicht beim Standardsprint aus dem Stand
auf Tempo 100, der im BlueMotion die gleichen 12,8 Sekunden dauert wie im Serienmodell, und auch nicht bei der
Höchstgeschwindigkeit, die sogar um zwei auf 176 km/h steigt - die Aerodynamik lässt grüßen. In punkto Elastizität
- Zwischenbeschleunigen etwa von 80 auf 120 km/h im großen Gang - dürfte sich die Getriebeübersetzung in einem minimal
längeren Atem niederschlagen. Für Kritik reicht die Mutmaßung jedoch nicht, schon gar nicht bei einem dreizylindrigen
Kleinwagen. Im Zweifel muss die Sparsamkeit eben mit etwas mehr Schaltarbeit erkauft werden.
Die dritte Säule des reduzierten Verbrauchs ist wie erwähnt die Aerodynamik: Modifiziert wurde insbesondere die
Frontpartie, wobei die optimierte Schürze nur im direkten Vergleich auffällt. Prägnanter ist der bis auf einen
Querspalt nahezu geschlossene Kühlergrill - so gibt sich der "Spar"-Polo äußerlich genauso zu erkennen wie seinerzeit
der Lupo 3L an seinen anderen Frontblinkern. Eine in Wagenfarbe lackierte Heckscheibeneinfassung sorgt für bessere
Strömungsverhältnisse am Heck, die Tieferlegung des Fahrwerks besorgt den Rest. Serienmäßig rollt der Polo außerdem
auf speziell entwickelten Alufelgen im 14 Zoll-Format mit rollwiderstandsarmer Bereifung der Dimension 165/70 - was
sich spärlich anhören mag, entspricht exakt der Serienvorgabe, jedenfalls in der Basisversion.
Alle Details zur Ausstattung und zu verfügbaren Extras - voran die vier Türen - liegen noch nicht vor. Klar ist, dass
der BlueMotion neben speziellen Sitzbezügen im "Popcorn"-Design und Multifunktionsanzeige äußerlich die lackierten
Anbauteile (Türgriffe, Schutzleisten, Außenspiegel) von "Comfortline" und "Sportline" erhält, während der Rest
weitgehend dem Basismodell "Trendline" entsprechen dürfte. Der Preis wiederum entfernt sich von der Serie längst
nicht so weit wie beim Drei-Liter-Lupo, sondern wird sich "nur" im Bereich der "Sportline"-Version bewegen. Das sind
rund 16.000 Euro - viel Geld für einen Kleinwagen zweifellos, und doch ein reelles Angebot, wenn man die Polo-Preise
als solches, die Alufelgen und nicht zuletzt den Rußfilter berücksichtigt.
Wer die Idee gut findet und das Geld investiert, kann anschließend mehr als 1.100 Kilometer lange Strecken mit einer
Tankfüllung von gerade mal 45 Litern bewältigen, wobei der BlueMotion außerorts nach den Normwerten sogar nur 3,2
(Serie: 4,0) Liter konsumiert - um nicht zu sagen: "Er fährt und fährt und fährt".
Viele Worte für einen halben Liter Verbrauchsersparnis, mag man einwenden, und sich fragen, wo das Dreiliter-Auto oder
das von Ex-VW-Chef Piëch in einem Interview einmal angekündigte Zweiliter-Auto bleibt - die Zeit wäre durchaus reif
dafür. Andererseits: Wenn die Kunden - wie beim Dreiliter-Lupo - den hohen technischen Aufwand nicht bezahlen können
oder wollen und also mehrheitlich ausbleiben, und der Autobauer, zumal VW, das Konzept nicht stärker subventionieren
kann, gehen solche Konzepte unserer Meinung nach in die richtige Richtung. 200.000 BlueMotion-Polo wären für
die Umwelt besser als die Hälfte an Drei-Liter-Autos.
VW selbst profitiert nicht nur in punkto Image, sondern auch im Flottenverbrauch, und so wird der "blaue" Polo -
höheres Kundeninteresse als beim Lupo TDI 3L vorausgesetzt - nicht das einzige Modell seiner Art bleiben: "BlueMotion"
soll zu einem "Gütsiegel" avancieren, mithin das Konzept auf andere Baureihen ausgeweitet werden. Zuvor gibt es
allerdings möglicherweise noch Ärger mit DaimlerChrysler - nicht wegen "Bluetec", sondern wegen "bluemotion": Smart
hatte sich die entsprechenden Wortmarken-Rechte bereits 1999 gesichert.