|
Premiere in NYC: Mercedes R-Klasse |
DaimlerChrysler |
1954 feierte der legendäre Mercedes SL-Flügeltürer in New York Premiere. 51 Jahre später hat sich der Stuttgarter
Autobauer am heutigen Mittwoch (23. März) die US-Metropole erneut für eine wichtige Premiere ausgesucht - nach M-
und B-Klasse bereits die dritte in diesem noch recht jungen Jahr. Dass die neue R-Klasse in New York präsentiert
wird, hat aber auch und insbesondere damit zu tun, dass das neue Auto speziell für den amerikanischen Markt entworfen
wurde.
"Inspired and built in America", haben sich die PR-Texter dazu einfallen lassen, und das klingt in der Tat besser
als der schon sprachlich zweifelhafte Zweitname der R-Klasse - "Grand Sports Tourer". Die neue Baureihe einzuordnen,
fällt nicht so ganz leicht, denn es handelt sich um ein Auto, dass jedenfalls für europäische Maßstäbe kein Vorbild
hat. Mercedes selbst sieht das Konzept als eine Kombination der Vorteile bekannter Fahrzeugkategorien wie Limousine,
Kombi, Van und SUV.
Konkret bedeutet dies zunächst einmal viel Komfort und viel Platz. Die R-Klasse misst sagenhafte 5,16 Meter in der Länge
- nur einen Fingerbreit weniger als eine S-Klasse, wohlgemerkt in Langversion. Die weiteren Daten: Breite gut 1,92 Meter,
Höhe knapp 1,66 Meter, Radstand knapp 3,22 Meter. Das Leergewicht liegt je nach Motorisierung zwischen 2.205 und 2.270
Kilo. Der Wendekreis beträgt satte 12,4 Meter.
Im Innenraum bietet das neue Modell nochmals deutlich großzügigere Platzverhältnisse als eine bestimmt nicht enge
S-Klasse: Konzeptbedingt stehen rund 64 Prozent der Karosserielänge für die Passagiere zur Verfügung - ein Raumverhältnis,
das Stufenheck-Limousinen nicht bieten.
Insgesamt können sechs Passagiere Platz nehmen - jeweils auf Einzelsitzen in drei Reihen, wobei die in der mittleren
Reihe zusätzlich Armlehnen bieten. Eng wird es dabei keineswegs: So beträgt etwa der Sitzplatzabstand zwischen der ersten
und zweiten Sitzreihe 92 bis 99 Zentimeter; zwischen der zweiten und dritten Reihe stehen nochmals 84 bis 92 Zentimeter
zur Verfügung. Die Spanne ergibt sich durch die Möglichkeit, die Sitze der mittleren Reihe individuell in Längsrichtung
zu verschieben.
Auch im Hinblick auf die Maße für Kopffreiheit (hinten: bis knapp 1,03 Meter) und Schulterraum (1,53 Meter vorne und gut
1,51 Meter hinten) wird die R- zur echten Raum-Klasse. Eine auf Wunsch lieferbare Mittelkonsole zwischen den Einzelsitzen
im Fond enthält zusätzliche Staufächer und ermöglicht das sichere Abstellen von Trinkbechern oder -flaschen in groß
dimensionierten Cupholdern. Gegen Aufpreis gibt es natürlich auch einen separaten DVD-/CD-Spieler mit Bildschirmen und
Kopfhöreranschlüssen in den Rückseiten der vorderen Kopfstützen.
Viel Platz bietet auch im Kofferraum. Wer die vier Sitze umklappt, erhält eine völlig ebene und über 2,20 Meter lange
Ladefläche und ein Volumen von bis zu 2.057 Litern - da kommt selbst das große T-Modell der E-Klasse nicht nach. Die
Quadratur des Kreises allerdings haben auch die Mercedes-Ingenieure nicht geschafft: Wer zu sechst reist, hat nur noch
212 Liter Kofferraum zur Verfügung. Die Zuladung dagegen beträgt je nach Modell zwischen 625 und 655 Kilogramm - satt
ausreichend. Die Heckklappe öffnet und schließt optional per Fernbedienung.
Ebenfalls gegen Aufpreis liefert Mercedes bei der R-Klasse ein Panorama-Schiebedach, dessen große Glasflächen sich fast
über den gesamten Dachbereich erstrecken, alternativ auch ein konventionelles Schiebe-/Hebedach, ferner die crashaktiven
Kopfstützen, BiXenon-Scheinwerfer mit Kurven- und Abbiegelicht, das vorausschauende Sicherheitssystem PRE-SAFE sowie die
Luftfederung AIRMATIC mit automatischer Höhenabsenkung ab 120 km/h und adaptivem Dämpfungssystem, wobei die Hinterachse ab
Werk luftgefedert und damit niveaureguliert ist.
Serienmäßig sind in allen Versionen sechs Airbags, Gurtstraffer und Gurtkraftbegrenzer auf allen Sitzplätzen,
Klimaautomatik und die Siebengang-Automatik mit dem aus der M-Klasse bekannten Mini-Wählhebel am Lenkrad. Die
Klimaautomatik gibt es, wiederum gegen Aufpreis, auch in einer Komfort-Variante und zusätzlich auf Wunsch mit
einer zweiten Kühlanlage für die dritte Sitzreihe.
Ausstattungslinien wie "Elegance" oder "Avantgarde" gibt es bei der R-Klasse nicht: Mercedes scheint diese sowieso
nicht imagegerechten Namen mehr und mehr abzuschaffen. An ihre Stelle treten, wiederum analog zur M-Klasse, diverse
Optik- und Ausstattungspakete.
Apropos M-Klasse: M und R sind weitestgehend verwandt, und zwar nicht nur in Bezug auf den amerikanischen Produktionsort,
sondern auch im Hinblick auf Ausstattung, Motorisierung und den in beiden Fällen serienmäßigen Allradantrieb, der
bei der R-Klasse allerdings nicht mit echten Offroad-Zutaten zu haben ist, die die meisten Kunden sowieso kaum je
benötigen. Analog zur M-Klasse präsentiert sich auch die Motorenpalette, bestehend zunächst aus den beiden Benziner R
350 und R 500, die 272 (V6) bzw. 306 PS (V8) leisten, sowie dem R 320 CDI mit 224 PS und (in Deutschland und anderen
europäischen Ländern) serienmäßigem Rußfilter. Einen R280 CDI wird es zunächst nicht geben.
Das V8-Topmodell wird vorläufigen Angaben zufolge seine fast 2,3 Tonnen Leergewicht in 6,9 Sekunden auf Tempo 100 und
maximal bis auf 240 km/h beschleunigen. Den Durchschnittsverbrauch beziffert Mercedes auf 12,9 Liter. Nur 8,9 Liter im
Mittel soll der Diesel verbrauchen, was verwundert, da dieser Wert unter jenem des entsprechenden M 320 CDI liegt. Und
in der Tat kommt die R-Klasse mit 80 Litern Tankinhalt aus, während der kleinere Bruder 90 Liter bietet.
Markteinführung ist in den USA und in Kanada im Herbst 2005, wo dann rund 60 Prozent aller produzierten Modelle verkauft
werden sollen; europäische Kunden müssen bis Anfang 2006 warten. Das neue Konzept, so Mercedes-Entwicklungsvorstand Dr.
Thomas Weber, entspreche "dem Wunsch moderner Menschen nach einem vielseitigen und zugleich fahraktiven Automobil".
Wie teuer man sich die Erfüllung dieses Wunsches erkaufen muss, steht naturgemäß noch nicht fest. Die Preise dürften sich
aber natürlich oberhalb des Niveaus von E- und M-Klasse und unter denen der S-Klasse bewegen. Kurzum: Für einen
ordentlich ausgestatteten R bekommt man drei durchschnittlich ausgestattete B-Klassen, die ja bekanntlich auch auf
den Namen "Sports Tourer" hören.
Für all jene, die die Mercedes-Modellpolitik der letzten zehn Jahre mit eher gemischten Gefühlen betrachten, noch
eine gute Nachricht zum Schluss: Weitere komplett neue Baureihen wird es in absehbarer Zeit nicht geben - auch wenn
das Alphabet noch einige Buchstaben frei hat.