Renault strebt Fusion statt Allianz an
Szenen einer Ehe: Renault will mehr, Nissan ziert sich
Renault und Nissan bilden seit zwei Jahrzehnten eine Allianz, in der Renault der stärkere Partner ist und aus der Partnerschaft
gerne eine Fusion machen würde. Doch die Japaner finden das nicht lustig, obwohl oder weil sie gerade in schweren Zeiten stecken.
Eine Einigung ist nicht absehbar.
Renault Nissan
Renault möchte aus der Allianz mit Nissan
und Mitsubishi gerne eine Fusion machen
In der vor 20 Jahren geschmiedeten Allianz zwischen Renault und Nissan herrscht wieder einmal schlechte Stimmung. Damals retteten die Franzosen, nachdem Daimler
abgewunken hatte, den japanischen Konzern aus einer existenzbedrohenden Krise. Nach einem Bericht der französischen Tageszeitung "Le Figaro" wehrt sich der
japanische Partner gegen die Vorschläge der Franzosen, die beiden Unternehmen unter einem Dach zu vereinen.
Danach hat Renault die japanische Bank SMBC Nikko beauftragt, "neue Vorschläge" vorzulegen. Diese Initiative stößt in Japan auf wenig Gegenliebe. "Obwohl der
Nissan-Generaldirektor Hiroto Saikawa Mitte April kategorisch erklärt hat, dass es keinen Sinn macht, über eine Fusion zu reden, hat Renault das Thema wieder
auf den Tisch gelegt", zitiert die Zeitung eine nicht genannte Quelle in Japan. Renault hat den Vorgang bisher nicht kommentiert. In Paris erklärte die
Finanzdirektorin von Renault, Clotilde Delbos, dass "man Gerüchte nicht kommentieren werde. Wir haben immer gesagt, dass wir die Allianz als unumkehrbar
betrachten wollen." Allerdings geht es auch darum, "die Allianz im Tagesgeschäft und bei der Entscheidungsfindung noch wirkungsvoller zu gestalten". Bisher
hat Nissan stets alle Versuche der Franzosen, eine Fusion einzugehen, als feindlichen Akt betrachtet.
In der japanischen Presse erinnern die Gerüchte an die Pläne, die der inzwischen inhaftierte ehemalige Allianz-Chef Carlos Ghosn vor seiner Verhaftung am 19. November
des vergangenen Jahres vorgelegt hatte. Danach sollten die beiden Unternehmen unter einer Holding mit Sitzen in Paris und Tokyo vereint werden. An dieser Gesellschaft
wären die beiden Konzerne mit jeweils 50 Prozent beteiligt. Der Hauptsitz wiederum sollte an einem neutralen Ort angesiedelt werden – zum Beispiel in den Niederlanden
oder der Schweiz. Um Nissan zu beruhigen, sieht der von der Nachrichtenagentur Nikkei zitierte aktuelle Plan einen Hauptsitz in Asien, möglicherweise in Singapur, vor.
Allerdings ist es schwer vorstellbar, dass die französische Regierung als Renault-Aktionär eine derartige Lösung billigen würde.
Die erneuten Fusionsgerüchte kommen überraschend, nachdem sich die beiden Partner am 12. März auf einen gemeinsamen "Allianz-Rat" unter dem Vorsitz des neuen
Renault-Chefs Jean-Dominique Senard geeinigt hatten. Beobachter in Japan und Frankreich fragen sich nun, welchen Sinn diese Vereinbarung noch hat.
In Japan jedenfalls hat Nissan-Chef Hiroto Saikawa diese Abmachung als den Abschluss eines Kapitels aufgefasst. Zudem hat der japanische Hersteller ganz andere
Sorgen und kein Verlangen, ausgerechnet jetzt über eine Fusion zu sprechen. Die "Financial Times" berichtet zudem, dass das japanische Handelsministerium auf
die Vorschläge von SMBC "sehr kühl" reagiert habe.
Nissan kämpft aktuell mit schlechten Zahlen und hat sich inzwischen zum Schwachpunkt der Allianz entwickelt, zu der mittlerweile auch Mitsubishi gehört. Der Konzern
leidet vor allem unter schwachen Verkäufen in den USA und Europa. In Japan wenigstens liegt der Absatz um 8,4 Prozent über dem Vorjahr. Der Gewinn hat sich gegenüber
dem Vorjahr um 45 Prozent verringert und beeinflusst die Dividende für die Aktionäre – vor allem des französischen Hauptaktionärs. Renault ist mit 43 Prozent an
Nissan beteiligt, während Nissan 15 Prozent - allerdings ohne Stimmrechte - an Renault hält. Während die Franzosen auf eine operationelle Rendite von 6,4 Prozent
kommen, erreicht Nissan 2,7 Prozent.
Renault hat daher ein großes Interesse, den japanischen Allianz-Partner wieder auf Kurs zu bringen und will deshalb seinen Einfluss in Tokyo vergrößern. Nach
Ansicht von Kennern der beiden Unternehmen, berichtet "Le Figaro", haben die Gerüchte bereits Spuren hinterlassen und Renault und Nissan in eine Sackgasse
manövriert. Möglicherweise ist sogar die Allianz in Gefahr, und der in Paris beschlossene gemeinsame Rat könnte am Ende ein Schlag ins Wasser gewesen sein.
Ohne Nissan allerdings wäre Renault auf Dauer zu klein. Vielleicht auch deswegen haben die Franzosen angeblich ein Auge auf Fiat Chrysler geworfen - ganz
so wie die landeseigene Konkurrenz mit dem Löwen.