Zweite SUV-Generation wird vollelektrisch / 600+ PS und 600+ Kilometer Reichweite
Neuer Porsche Macan: Schön & gut, kein Aber
Mit großer Verzögerung zeigt sich endlich der neue Porsche Macan. Dem ersten Eindruck nach hat sich das Warten gelohnt: Das
nun vollelektrische SUV schmeichelt mit gutem Design, schönem Innenraum, neuen Optionen, bärenstarkem Antrieb – und auch
ordentlicher Reichweite.
Porsche
Gestatten, Porsche Macan II: Mit langer Verzögerung
erscheint jetzt die zweite, immer vollelektrische Generation
Fast fünf Jahre ist es her, dass Porsche angekündigt hat, den nächsten Macan nur noch als Elektromodell auf den Markt zu bringen.
"Anfang des nächsten Jahrzehnts" sollte der Serienstart erfolgen,
hieß es damals. Doch von wegen:
Fünf lange Jahre hat Porsche nun die Fans warten lassen, vor allem aufgrund von Verzögerungen bei der Software. So ganz verstehen
muss man das nicht, aber es hat Porsche weniger geschadet als Audi, wo man die neue PPE-Plattform ebenfalls nutzen wird und der Q6
e-tron noch viel sehnsüchtiger erwartet wird.
In Singapur hat Porsche heute nun also die Hüllen vom Macan II gezogen. Es ist der erste Porsche, der sich vom Verbrenner- zum
Elektro-Modell wandelt, und so war es spannend zu sehen, wie Porsche dies beim Design umsetzt - also ob man auf eine deutlich
veränderte Form setzt wie es VW und Mercedes (noch) handhaben, oder eher den Weg der zurückhaltenderen Transformation wählt. Zweiteres
ist die Antwort: Der neue E-Macan sieht abgesehen von fehlenden Endrohren exakt so aus, wie auch ein V6-Macan hätte kommen können.
Design: Evolutionär, aber nicht überraschungsfrei
Bei einem Längenwachstum um etwa zehn Zentimeter auf nun 4,78 Meter, die der Radstand (2,89 Meter) im Wesentlichen mitgeht, und zwei
Zentimeter mehr Breite (1,94) bei gleicher Höhe (1,62) haben sich die Proportionen nicht wesentlich geändert, auch wenn die Überhänge am
neuen Modell kürzer wirken. Auch die Formensprache bleibt im gewohnten Rahmen, ohne aber darauf zu verzichten, mit der ein oder anderen
Änderung einen Hinguck-Effekt auszulösen.
So sind die Frontscheinwerfer nun zweigeteilt. Die flache obere Lichteinheit verfügt nur noch über das Tagfahrlicht in markentypischer
Vier-Punkt- bzw. Vier-Strich-Ausprägung, während das Hauptscheinwerfer-Modul mit optionaler Matrix-Technologie tiefer im Bugteil positioniert
ist. Außerdem verzichtet Porsche auf die aufwendige Clamshell-Motorhaube, die sich seitlich um die Scheinwerfer herum bis zu den Radläufen
spannt, sondern greift hier nun auf eine konventionelle Kotflügel-Lösung zurück. Kunden dürften es verschmerzen und/oder sich an den künftig
rahmenlos ausgeführten Seitenscheiben erfreuen, die noch mehr Hinguck- und Haben-wollen-Effekt auslösen.
Auffällig ist außerdem der Verzicht auf einen großen Dachkantenspoiler und auf den (optional weiter verfügbaren) Heckwischer, was für einen
merklich anderen Auftritt sorgt. Die Rückfahrleuchten sind von der Schürze in die "normalen" Leuchteinheiten umgezogen, die nun mit einem
gerade ausgeführten Band verbunden sind. Anders als der 911 darf der Macan vernünftige Bügeltürgriffe behalten. Eine Tank- bzw. Ladeklappe
ist auf beiden Fahrzeugseiten vorhanden, und zwar hinten. Allerdings kann auf der rechten Seite nur AC geladen werden, womit auch der Macan
die Klappe (die elektrisch nach innen öffnet) in den meisten Fällen auf der falschen, unpraktischen, unsicheren Seite hat *). Der Stromer steht
auf bis zu 22 Zoll großen Rädern mit Mischbereifung.
Insgesamt scheint uns Porsche hier ein Glückshändchen gehabt zu haben: Der neue Macan sieht auf den ersten Bildern edel aus,
ohne protzig zu erscheinen, er wirkt bullig, aber nicht aggressiv, und er versprüht Traditionsbewusstsein und Zeitlosigkeit, aber
keine Langeweile.
Package: Etwas mehr Platz, tiefere Sitze, Frunk vorhanden
Durch die Elektrifizierung und das Längenwachstum hat der Macan auch an Raum für Passagiere und Ladegut gewonnen. Das Volumen hinter
der Rücksitzbank beträgt modell- und ausstattungsabhängig bis zu 540 Liter (Cargostellung). Hinzu kommt der Frunk unter der Fronthaube
mit 84 Litern. Gegenüber dem Vorgänger sind das insgesamt 136 Liter mehr. Wird die Rücksitzlehne komplett umgelegt, steigt das hintere
Laderaumvolumen auf bis zu 1.348 Liter. Fahrer und Beifahrer sitzen jetzt bis zu 28 Millimeter, die Fondpassagiere bei erhöhter
Beinfreiheit bis zu 15 Millimeter tiefer als bisher.
Edles Interieur mit neuen Details
Das Interieur wird bestimmt durch ein flächig integriertes Black Panel mit bis zu drei Bildschirmen, darunter das freistehende
12,6 Zoll große Kombiinstrument im Curved Design, das 10,9-Zoll-Zentraldisplay und der genauso große optionale Bildschirm für den
Beifahrer. In die Akzentleiste von Cockpit und Türen ist ein LED-Lichtband integriert, das künftig sowohl als Ambientebeleuchtung als
auch als Kommunikationslicht fungiert, das je nach Situation informiert oder warnt – etwa zur Begrüßung, bei Ladevorgängen oder im Zusammenspiel
mit den Fahrerassistenzsystemen.
Die neue Infotainment-Generation nutzt Android Automotive als Betriebssystem. Ihre Rechenleistung erreiche "eine neue Dimension",
heißt es. So schlage beispielsweise der Sprachassistent "Hey Porsche" blitzschnell Routen inklusive Ladestopps vor. Apps von
Drittanbietern können im Fahrzeugsystem installiert werden. Neben den digitalen Bedienoberflächen finden sich auch noch einzelne
analoge Schalter – zum Beispiel an den Luftausströmern oder der Klimabedienung.
Antrieb: Bärenstark und recht ausdauernd
Zur Markteinführung stehen zunächst der Macan 4 und der Turbo zur Wahl. An beiden Achsen setzt Porsche auf permanenterregte Elektromotoren,
die nicht nur einen hohen Wirkungsgrad ermöglichen sollen, sondern auch eine optimale Reproduzierbarkeit der Leistungsabgabe. Die maximale
Systemleistung im Overboost beträgt 408 PS beim Macan 4 und 639 PS beim Macan Turbo. Das maximale Drehmoment liegt bei 650 bzw. 1.130 Newtonmetern.
Damit ist das Landstraßen-Tempolimit in fixen 5,2 bzw. krassen 3,3 Sekunden und die Höchstgeschwindigkeit bei 220 respektive 260 km/h erreicht.
Die maximale Anhängelast beträgt gute, aber ausbaufähige 2.000 Kilogramm.
Die Elektromotoren der 800-V-Elektroarchitektur schöpfen ihre Energie aus einer Lithium-Ionen-Batterie mit 95 kWh Netto-Kapazität. Die
DC-Ladeleistung beträgt bis zu 270 kW, von zehn auf 80 Prozent Ladestand dauert es bestenfalls 21 Minuten. Unter anderem dank aufwendiger
Aerodynamik-Maßnahmen, resultierend in einem cW-Wert von nur 0,25, schaffen die beiden schweren SUV-Varianten eine Norm-Reichweite von
613 bzw. 591 Kilometern.
Das "Porsche Torque Vectoring Plus (PTV Plus)", eine elektronisch geregelte Quersperre an der Hinterachse, trägt beim Macan Turbo
zusätzlich zu Traktion, Fahrstabilität und Querdynamik bei. Macan-Modelle mit Luftfederung – ebenfalls Serie beim Turbo – sind mit
der elektronischen Dämpferregelung PASM ausgerüstet. Diese lässt sich optional auch bei der Stahlfederung ergänzen. Neu im PASM
sind Dämpfer mit Zwei-Ventil-Technik, die ein größeres Dämpferkennfeld ermöglichen. Neu im optionalen Technik-Angebot sind eine
Hinterachslenkung mit max. fünf Grad Einschlagwinkel und ein Head-Up-Display mit Augmented-Reality-Technologie.
Rückblick & Ausblick
800.000 Mal hat Porsche den Macan, der auch künftig in Leipzig gebaut wird, bisher verkauft. Ursprünglich war geplant, die erste
Generation mit ihrem konventionellen Antrieb noch eine Weile parallel anzubieten. Dass dies nun doch nicht so kommt, liegt an der
langen Verzögerung des gesamten Projekts - der Macan hat ungewöhnliche zehn Jahre auf dem Buckel - und an neuen EU-Regularien zur
Cybersicherheit, deren Umsetzung Porsche für nicht mehr lohnend hielt. Also wird ungefähr mit dem Start des neuen Modells das alte auslaufen.
So gesehen ist es ein Wagnis für die Zuffenhausener, in dieser beliebten Klasse übergangslos nur noch den E-Antrieb anzubieten.
Doch das Risiko erscheint uns überschaubar, weil das Gesamtpackage einfach gelungen wirkt, weil der Taycan auch beliebt ist,
weil Elektro trotz aller Unkenrufe "in" ist - und weil jeder, der sich ein solches Auto leisten kann, auch die Möglichkeit
haben oder sich schaffen können dürfte, es zu Hause oder am Arbeitsplatz zu laden. Und weil der Verbrenner zwar in Europa ausläuft, im
Rest der Welt aber noch ein-zwei Jahre weiterlaufen wird.
Für die angepeilte Klientel dürfte auch der Preis nicht das entscheidende Problem sein. Ab 84.100 Euro kostet der Macan 4, 114.600 Euro
steht anfänglich auf dem Turbo-Preisschild. In beiden Fällen können für sinnvolle Extras getrost nochmals mehrere Zehntausend Euro
kalkuliert werden. Eine günstigere Basisversion mit reinem Heckantrieb dürfte ebenso folgen wie diverse andere Derivate.
*) Hinweis, 26.01.2024: Die Ausführung zu den Ladesteckern wurde korrigiert. Außerdem haben wir die
Preise ergänzt.