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Produktionsende für den |
Daimler |
Mercedes Vario, hier ein Allrad-Modell |
Totgeglaubte leben länger – und sterben dann doch: Mercedes hat die Fertigung des Großraumransporters Vario entgegen
früheren Ankündigungen nun doch eingestellt. Die Dienstfahrt endet nach 27 Jahren und rund 230.000 Einheiten.
Am Sonntag (27.09.) ist im Mercedes-Benz Werk Ludwigsfelde der letzte Großtransporter der Baureihe Vario vom Band gelaufen.
Das allerletzte Exemplar ging an die ortsansässige Firma Reichel Elektroinstallation & Metallbau, die bereits 2006 den ersten
damals neuen Vario in Empfang genommen hatte. Ein weiteres Exemplar wird als Sattelzugmaschine im Mercedes-Museum wertvolle
Ausstellungsstücke zu Veranstaltungen und Messen transportieren - sozusagen ein Klassiker im Einsatz für Klassiker.
Der Mercedes-Benz Vario wird seit 17 Jahren gebaut, einschließlich des in vielen Punkten baugleichen Vorgängers T2 sind es sogar
27 Jahre. Exakt 90.743 Vario aus Ludwigsfelde und 138.407 T2 aus den Werken Ludwigsfelde und Düsseldorf liefen in dieser Zeit von den
Bändern.
Als Grund für das Aus nennt Mercedes die hohen Kosten für eine Modernisierung im Hinblick auf die künftigen EU6-Abgasvorschriften
vor dem Hintergrund zuletzt überschaubarer Absatzzahlen von rund 3.000 pro Jahr. Ursache dafür ist einerseits die europäische
Führerscheinregelung mit einer Deckelung der Pkw-Fahrerlaubnis Klasse B auf 3,5 Tonnen Gesamtgewicht, andererseits aber auch
ein hausgemachter: Das Produkt wurde letztmals im Jahr 2006 anlässlich der Einführung der Abgasstufe Euro IV und Euro V aufgefrischt.
Die Vario-Einführung erfolgte zehn Jahre zuvor. Während der Transporter äußerlich aussah wie ein Facelift des Vorgängers T2, fanden
unter dem Blech zahlreiche Änderungen statt: Motoren, Getriebe, Bremsen, Lenkung und Nebenaggregate waren neu, ebenso die Gewichtsklassen
und Optionen wie Retarder, Klimaanlage, Luftfederung und 1997 Allradantrieb.
Der T2 trat noch einmal zehn Jahre früher in große Fußstapfen. Sein Vorgänger - nach seiner Herkunft "Düsseldorfer Transporter" genannt
- hatte in fast 20 Jahren die Stückzahl von einer halben Million Transporter erreicht. Die Nutzfahrzeuge mit Stern tragen in diesen
Jahren noch keine Namen, der Begriff "T2" steht für die größere der beiden Transporter-Baureihen Mitte der 1980er-Jahre.
Vom T1 ("Bremer Transporter") stammen die sachlich-zeitlose Optik und die Kurzhauber-Bauweise. Von den leichten Lkw der Baureihe
LN2 (Vorläufer des heutigen Atego) erhält der T2 Elemente wie das Armaturenbrett, Sitze und zahlreiche weitere Fahrerhaus-Komponenten.
Zum Fertigungsende des Vario hat Mercedes in Ludwigsfelde eine Abschiedsfeier organisiert. Die mehr als 2.000 Mitarbeiter des brandenburgischen Werks
haben zu ihrem Großtransporter eine besondere Beziehung. Er wurde Mitte der neunziger Jahre federführend in Ludwigsfelde entwickelt und
17 Jahre lang ausschließlich in diesem Werk gefertigt. Heute schaue man mit viel Stolz auf eine langjährige Erfolgsstory zurück, "die
in der Transporterbranche einzigartig ist", sagte Geschäftsführer Michael Bauer. Im letzten Produktionsjahr wurden in Ludwigsfelde angesichts
des Auftragsbestands sogar Sonderschichten gefahren, die 3.000 Stück bereits bis Ende September erreicht.
Noch
2010 hatte Mercedes angekündigt, den Vario zu überarbeiten, diese Meldung inzwischen aber aus dem Presseservice gelöscht.
Und wer soll künftig die Lücke zwischen Transporter und Lkw füllen, als Reisemobil, Notarztwagen, Getränkelaster, Löschfahrzeug,
Klempnermobil, UPS-Zustellfahrzeug oder Kleinbus klaglos seiner Arbeit nachgehen? Sprinter und Atego natürlich, und auch den Fuso Canter
nennt Mercedes in diesem Zusammenhang. Nicht jedem, der den Vario als einen der letzten echten Mercedes versteht, wird das zusagen. R.I.P., Vario.
Der Vario ist übrigens nicht das einzige Mercedes-Modell, das unlängst eingestellt wurde: Auch die R-Klasse ist Geschichte, jedenfalls
in Europa. Zum Abschied gab es nicht einmal eine Meldung des Unternehmens, der R wurde stillschweigend beerdigt.