ADAC
Im ADAC-Test waren die meisten
Billig-Kindersitze enttäuschend
Dass Kindersitze ein sensibles Thema sind und ihre Auswahl beim Kauf gut bedacht sein will, sollte eigentlich selbstverständlich sein.
Dennoch gibt es auf dem Markt viele noname-Sitze zu günstigen Preisen. Und die sind überwiegend so schlecht wie man vermutet, hat der
ADAC im Test herausgefunden.
Eltern, die günstige Kindersitze suchen, finden diese massenhaft und gut beworben im Internet. Oft sind es wenig bekannte Marken, und dennoch
werden sie auf den Online-Plattformen etwa mit einem "optimalen Seitenaufprallschutz" angekündigt. Ob Sitze unter 70 Euro tatsächlich sicher
sind, haben ADAC und Stiftung Warentest bei zehn in Deutschland erhältlichen Modellen im Rahmen einer Stichprobe getestet.
Das Ergebnis ist erschreckend: Sechs der zehn überprüften Produkte erhalten das ADAC-Urteil "mangelhaft". Bei drei Sitzen sind die Rückenlehnen
beim Crashtest regelrecht gerissen, Gurte aus der Haltung gebrochen oder die Schadstoffbelastung war sehr hoch. Diese verheerenden Ausreißer
überraschten selbst die ADAC-Tester. Generell waren die Schadstoffwerte höher als in den Tests der Vorjahre.
Die Babyschale Nania Beone SP ist das einzige mit der Gesamtnote "gut" bewertete Produkt im Test. Sie ist sehr leicht und ihre Crashwerte überzeugen.
Es handelt sich aber wohl nur um einen Glückstreffer, sieht es beim gleichen Hersteller doch in drei weiteren Gewichtsklassen anders aus. Beim Sitz
Nania Safety Paris SP für Kinder bis 18 Kilogramm (bis ca. 4 Jahre) zerbricht die Sitzschale beim Frontalaufprall - das Kind würde beim Unfall
ungeschützt nach vorne schleudern. Für Kinder von 9 bis 36 Kilogramm (ca. 1-12 Jahre) erreicht neben dem Nania Racer SP auch der Fisher Price
FP3000 ein "befriedigend", "mangelhaft" dagegen sind Tiggo Bebehut (hohes Verletzungsrisiko beim Front- und Seitencrash) sowie die Modelle Alpha
Deluxe, Kid Komfort und Kidstar von United-Kids, die alle keinen Schutz beim Seitenaufprall für größere Kinder bieten.
In der Klasse für Kinder von 15 bis 36 Kilogramm (ca. 4 bis 12 Jahre) gibt es mit dem Fisher Price FP4000 einen befriedigenden Sitz sowie mit dem
Nania Starter SP ein Produkt, das aufgrund einer hohen Schadstoffbelastung mit "mangelhaft" durchgefallen ist.
Die Stichprobe sollte für Eltern ein Alarmsignal sein. Der ADAC rät zur Vorsicht bei Sitzen im unteren Preissegment von wenig bekannten Marken.
Weil Sitze, die in der Vergangenheit als "mangelhaft" bewertet wurden, inzwischen unter neuem Namen auftauchen (United Kids Alpha Deluxe wurde
früher als unter dem Namen IWH Trade Max Vario Max verkauft), sollten Eltern Angaben im Versandhandel hinterfragen und stets nur als empfehlenswert
getestete Produkte nutzen. Diese können durchaus preiswert sein, etwa wenn die Entscheidung auf ein Vorgängermodell der qualitativ hochwertigeren
Produkte von bekannten Marken fällt. Neben ADAC und Stiftung Warentest führen auch bekannte Auto-Magazine wie "auto motor und sport" oder "Auto Bild"
Kindersitz-Tests durch.
Gezeigt hat sich auch, dass die Beschreibungen im Internet häufig ungenau sind und in die Irre führen können: Bei manchen Sitzen, die mehrere Jahre
lang eingesetzt werden, muss beispielsweise bei größeren Kindern die Rückenstütze abgenommen werden - beim Seitenaufprall sind die kleinen
Passagiere dann nicht mehr ausreichend geschützt (bei vier Produkten im Test der Fall). Auch bei Kindersitzen, die der gesetzlich vorgeschriebenen
Zulassung ECE-R44 entsprechen, ist nicht zwangsläufig ein sicheres Sitzen der Kleinen gewährleistet. Der Grund: Der Seitencrash ist kein Bestandteil
des Zulassungsverfahrens, wohingegen die Produkte im ADAC-Test auch einem Aufprall von der Seite standhalten müssen, kommt er im realen Verkehr doch
häufig vor. Zwei der mit "mangelhaft" bewerteten Sitze scheiterten auch am Frontalaufpralltest, der beim ADAC strenger ist als der Crashversuch bei
der Zulassung.
Gestestet wurden in dieser Stichprobe zehn verschiedene Kindersitze aus allen Gewichtsklassen in den Kriterien Sicherheit, Bedienung und Ergonomie,
Schadstoffgehalt sowie Reinigung und Verarbeitung. Der Frontcrash wird im ADAC-Test mit 64 km/h, der Seitenaufprall mit 50 km/h simuliert.