Der Straßenverkehr ist eine komplexe Angelegenheit. Deshalb muss jeder Kraftfahrer nicht nur sein eigenes Fahrzeug sicher
beherrschen, sondern auch mit dem Fehlverhalten anderer Verkehrsteilnehmer rechnen. Dies zeigt folgender Fall, von dem der Anwalt-Suchservice berichtet:
Eine Frau wollte aus einer Seiten- in eine Vorfahrtsstraße einbiegen. Als die Fußgängerampel auf der Vorfahrtstraße auf Grün
umschaltete, ging sie davon aus, dass der vorfahrtberechtigte Verkehr Rot haben musste und fuhr los. In diesem Moment hörte
sie links neben sich die quietschenden Reifen eines anderen Fahrzeugs. Da dieses nicht mehr rechtzeitig zum Stehen kam,
stießen beide zusammen. Der Mann, der die Vorfahrtsstraße befahren hatte, behauptete später, er habe grünes Licht und
Vorfahrt gehabt. Die Frau behauptete das Gegenteil, und so traf man sich vor Gericht.
Das Oberlandgericht Hamm
(- 13 U 57/00 -) entschied wie folgt: Nach den Aussagen mehrerer Zeugen habe die
Ampel, die den Fußgängerverkehr auf der Vorfahrtstraße regelte, für den Mann Rot gezeigt. Er trage daher die Hauptschuld an
dem Unfall. Die aus der Seitenstraße kommende Frau sei allerdings für den Crash mitverantwortlich. Sie hätte den Querverkehr
auf der bevorrechtigten Straße beachten und damit rechnen müssen, dass dort zum Beispiel auch noch bei spätem Gelb Fahrzeuge
über die Ampel fahren könnten. Wäre die Frau aufmerksamer gewesen, dann hätte sie den sich mit unverminderter
Geschwindigkeit nähernden Unfallgegner bemerkt und ihren Abbiegevorgang noch abbrechen können. Im Ergebnis müsse der Mann
deshalb nur zwei Drittel des Schadens tragen. Für den Rest müsse die Frau selbst aufkommen.