Sieht ein Autofahrer am rechten Straßenrand einen Jogger stehen, der auf eine Möglichkeit zum Überqueren wartet, dann darf
er eine vor ihm zum Stocken gekommene Wagenkolonne nicht überholen, ohne den Jogger im Auge zu behalten und bremsbereit zu
sein. Das hat das OLG Köln entschieden. Wie der Anwalt-Suchservice berichtet, hatten sich im Innenstadtbereich mehrere
Fahrzeuge gestaut. Ein Jogger versuchte, die Straße zwischen den stehenden Autos zu überqueren. Gleichzeitig setzte eine
Autofahrerin, die links abbiegen wollte, zum Überholen der Kolonne an und scherte dazu auf die Gegenfahrbahn aus. Dort wurde
der Mann von ihrem Fahrzeug erfasst.
Die Rekonstruktion des Unfallhergangs ergab später, dass die Frau den Jogger am Straßenrand bemerkt hatte, wo er zunächst
auf der Stelle gelaufen war. Obwohl er sich plötzlich vorwärts bewegte, um die rechte Fahrspur zwischen den haltenden Autos
zu überqueren, überholte die Frau die anderen Fahrzeuge. Sie vertraute darauf, dass der Mann in der Mitte der Straße stehen
bleiben werde, um sie vorbeizulassen. Der Jogger, der nach rechts in Richtung Gegenverkehr schaute, lief ihr aber genau vor
den Wagen.
Die Richter des OLG Köln entschieden, dass die Autofahrerin haften müsse
(- 15 U 91/00 -). Wer auf einer
belebten Großstadtstraße eine stockende Fahrzeugkolonne überhole, der müsse damit rechnen, dass Fußgänger die Straße
zwischen den Fahrzeugen überschreiten und ihre Aufmerksamkeit nach Erreichen der Fahrbahnmitte nur dem Gegenverkehr widmen
würden. Die Frau hätte deshalb das Überholmanöver zurückstellen oder zumindest bremsbereit sein müssen, solange nicht
mittels Blickkontakt oder Handzeichen sichergestellt war, dass der Jogger sie bemerkt hatte und ihr Vorfahrtsrecht
respektieren würde.
Den Fußgänger treffe aber eine Mitschuld an dem Unfall. Er sei der Autofahrerin gegenüber wartepflichtig gewesen und hätte
nicht einfach über die Straße laufen dürfen, ohne sich zu vergewissern, dass weder von rechts noch von links ein Auto kam.
Insgesamt, so entschieden die Richter, hätten beide Unfallbeteiligten den Schaden je zur Hälfte zu tragen.