Anhalten, nach links gucken, nach rechts gucken, noch mal nach links gucken - so lernt jeder Fahrschüler, wie er in eine
vorfahrtberechtigte Straße einbiegt. Es ist eigentlich ganz einfach, doch selbst für erfahrene Autofahrer kann es dabei zu
unvorhergesehenen Ereignissen kommen. Das zeigt einmal mehr ein Fall, den das OLG Hamm zu entscheiden hatte.
Der Fahrer eines Nissan Sunny wollte von einem Feldweg nach rechts in eine Landstraße einbiegen. Von dort näherten sich in
der Gegenrichtung zwei Fahrzeuge. Das hintere der beiden setze in genau dem Moment zum Überholen des Vordermannes an, als
der Nissan-Fahrer in die Landstraße abbog. Es kam zum Crash.
Später verklagte der Sunny-Fahrer den Unfallgegner auf Schadenersatz. Das OLG Hamm entschied wie folgt: Den Fahrer des
überholenden Wagens treffe keine Schuld an dem Zusammenstoß. Solange der andere Fahrer nicht mit dem Einbiegen begonnen
hatte, durfte er davon ausgehen, dass sein Vorrang respektiert würde. Sein Vorfahrtsrecht erstrecke sich über die gesamte
Fahrbahn der Vorfahrtsstraße. Der Unfall sei in erster Linie darauf zurückzuführen gewesen, dass der Nissan-Fahrer beim
Abbiegen den Gegenverkehr nicht in dem erforderlichen Maß beachtete habe. Allerdings müsse der Unfallgegner für die so
genannte Betriebsgefahr seines Fahrzeugs einstehen. Gerade bei einem Überholvorgang sei diese höher als sonst. Die Richter
entschieden, dass der Nissan-Fahrer für 75 Prozent des gesamten Schadens aufzukommen habe und der Unfallgegner nur für 25
Prozent (Urteil vom 21.05.2001,
- 6 U 42/01 -).