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Dienstag, 16. April 2024
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Gericht: Besondere Schutzvorkehrungen sind für Gemeinde unzumutbar

Urteil: Kein Ersatz für Lackschaden durch Baumfrüchte

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Das Auto ist des Deutschen liebstes Kind, und viele verwenden viel Zeit darauf, ihren fahrbaren Untersatz hingebungsvoll auf Hochglanz zu polieren. Einem echten Autonarren treibt schon der kleinste Kratzer im Lack die Zornesröte ins Gesicht, und so mancher zieht in solchen Fällen sogar vor Gericht. Der Anwalt-Suchservice berichtet von einem Streit, der das Oberlandesgericht Stuttgart beschäftigte.

Ein Mercedes-Fahrer war mit seinem Wagen auf einer Gemeindestraße unterwegs. Plötzlich löste sich von einem am Fahrbahnrand stehenden Baum eine Walnuss und fiel genau auf sein Auto. Das freche Früchtchen schlug eine unschöne Delle in die Kühlerhaube des Mercedes. Erbost über die Beschädigung seines teuren Gefährts, verklagte der Autobesitzer die Gemeinde auf Schadenersatz. Sie habe es, so meinte er, versäumt, die Äste des Nussbaums, die bis in die Straße hineinragten, zurückzuschneiden. Der streitbare Mercedes-Fahrer ging bis vor das Oberlandesgericht Stuttgart, jedoch ohne Erfolg (Urteil vom 30.10.2002, - 4 U 100/02 -).

Gemeinden, so die Richter, seien nicht dazu verpflichtet, Fahrzeuge umfassend vor Schäden durch herabfallende Baumfrüchte zu schützen. Zwar hätten sie grundsätzlich dafür zu sorgen, dass ihre Straßenbäume keine Gefahr darstellten und müssten sie zum Beispiel zweimal jährlich auf Erkrankungen und bruchgefährdete Äste untersuchen. Eine Vorsorge gegen alle nur denkbaren Arten von Schäden sei den Gemeinden aber nicht zuzumuten. Vielmehr hätten die Straßenbenutzer gewisse Gefahren, die auf den Gegebenheiten der Natur beruhten, als unvermeidbar und als eigenes Risiko hinzunehmen.

Hier, so befand das Gericht, sei nicht ersichtlich, dass von dem Walnussbaum Gefahren drohten, die über das übliche Maß hinausgingen und deshalb besondere Schutzvorkehrungen erforderlich gemacht hätten. Außerdem, so die Richter weiter, wäre eine Beschädigung vorbeifahrender Autos selbst dann nicht mit absoluter Sicherheit auszuschließen gewesen, wenn die Gemeinde den Baum beschnitten hätte. Erfahrungsgemäß könnten herabfallende Früchte nämlich auch dann noch auf die Fahrbahn gelangen, zum Beispiel durch den Aufprall auf tiefer liegende Äste oder durch Windeinwirkung. Um eine Gefährdung gänzlich auszuschließen, hätte die Gemeinde die Kronen sämtlicher Früchte tragenden Straßenbäume schon extrem zurückschneiden oder sie mit Netzen umhüllen müssen. Derartige Maßnahmen seien aber weder vom Aufwand her zumutbar noch unter Naturschutzaspekten wünschenswert, so das Gericht. Die Gemeinde habe ihre Pflichten nicht verletzt, und der Autofahrer müsse seinen Schaden selbst tragen.
text  Hanno S. Ritter
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