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Freitag, 29. März 2024
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Gericht: Ausnahmen vom Sichtfahrgebot nur in besonderen Fällen

Urteil: Verstoß gegen Sichtfahrgebot begründet Haftung auch bei Gegner-Verschulden

Der Verstoß eines Kraftfahrers gegen das bei Dunkelheit geltende Sicherheitsfahrgebot begründet auch dann seine teilweise Haftung für einen Fußgängerunfall, wenn dieser durch grob vorschriftswidriges Verhalten des Geschädigten mitverursacht worden ist. Das ist der Leitsatz eines Urteils des Oberlandesgerichts Koblenz.

Die Richter verweigerten in dem zugrundeliegenden Fall einem Pkw-Fahrer teilweise den Ersatz für einen Totalschaden an seinem Fahrzeug, der bei einem Zusammenstoß mit einem Trupp marschierender Soldaten bei Dunkelheit entstanden war. Der Autofahrer hatte auf einem geraden Teilstück einer Landstraße bei Dunkelheit mit seinem Pkw einen vorausfahrenden Pkw überholt. Auf der Gegenfahrbahn erfasste er dabei zwei Soldaten, die in einer aus sechs Soldaten bestehenden Gruppe im Rahmen eines Orientierungsmarsches am - aus seiner Fahrtrichtung gesehen - linken Fahrbahnrand gingen. Einer der beiden Soldaten wurde dabei schwer verletzt. Das Fahrzeug erlitt einen Totalschaden. Der Autofahrer verklagte daraufhin die Bundesrepublik Deutschland auf Schadenersatz in Höhe von 6.500 DM.

Das Oberlandesgericht verurteilte den Staat zum Ersatz des Schadens in Höhe von 70 %. Eine weitergehende Zahlungspflicht verneinte es. Der Senat stellte fest, dass der Kläger unter den gegebenen Sichtverhältnissen zu schnell gefahren sei und daher gegen das Sichtfahrgebot (§ 3 StVO) verstoßen habe. Der Kläger habe nur so schnell fahren dürfen, dass er innerhalb der überschaubaren, durch Abblendlicht ausgeleuchteten Strecke auch noch vor einem unbeleuchteten Hindernis rechtzeitig hätte anhalten können.

Ausnahmen vom Sichtfahrgebot würden nur für Hindernisse gelten, die aufgrund besonderer Umstände ungewöhnlich schwer zu erkennen seien. Eine solche schwere Erkennbarkeit habe im konkreten Fall nicht bestanden, obwohl die Soldaten Tarnkleidung getragen hätten und nicht durch eigene Beleuchtung gesichert gewesen seien, da sie aus einer Entfernung von 50 m erkennbar gewesen seien.

Wegen des grob verkehrswidrigen Verhaltens der Soldaten, die auf der falschen Fahrbahnseite unbeleuchtet unterwegs gewesen seien, hafte die Bundesrepublik Deutschland aber überwiegend (70 %). Im Gegenzug verurteilte der Senat den Pkw-Fahrer, der Bundesrepublik Deutschland 30 % des ihr entstandenen Unfallschadens, im Wesentlichen Heilbehandlungskosten, zu ersetzen.

(Urteil vom 24.03.2003, - 12 U 1726/01 -)
text  Hanno S. Ritter
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