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David gegen Goliath: Der Golf leidet optisch |
ADAC |
Diese Bilder wird man in Wolfsburg mit einem lachenden und einem weinenden Auge sehen: Ein total schrottreifer
Golf nach einem Crashtest gegen KIA Sorento und Volvo XC90, die beide den Umständen entsprechend heil aussehen.
Für den, den nur schnell hinguckt, ist der Fall klar: Ein Golf ist unsicher, die beiden anderen Kandidaten sind
gute, sichere Autos.
Doch genau genommen ist es eher andersherum. Denn heutzutage muss ein sicheres Auto nicht nur die eigenen Insassen
im Ernstfall schützen, sondern auch die des Unfallgegners. Das Zauberwort heißt Partnerschutz. Nur wenn die
Ingenieure hierauf ihr Augenmerk legen, hat etwa die Smart-Besatzung bei einem Crash gegen die E-Klasse eine
reelle Chance, diesen zu überstehen: Das kleine Auto muss, weil die Knautschzone kurz ist, relativ hart ausgelegt
sein und wenig nachgeben. Ist das große Auto nach dem gleichen Muster gestrickt, wird es aus dem Zusammentreffen
immer als "Sieger" hervorgehen, weil es aufgrund von Größe und Gewicht dem kleineren Partner, und sei er noch so
stabil, letztlich keine Chance lässt. Aus diesem Grund sind auch die üblichen Stammtisch-Geschichten vom Unfall,
bei dem das eigene Auto nur die Stoßstange einbüßte, der Gegner aber schrottreif war, bei modernen Autos ohne
jeden inhaltlichen Gehalt.
Genau mit diesem Partnerschutz nehmen die beiden vom ADAC jetzt unter die Lupe genommen Geländewagen aber offenbar
nicht so genau. Zwar hätten in der Konstellation des frontalen Unfallversuchs bei 56 km/h die Insassen aller
Autos überlebt, doch darf das zu einem nicht unerheblichen Teil den Qualitäten des Golf angerechnet werden.
Das Sicherheitskonzept von Volvo, das nach den Aussagen des Herstellers voll auf den Schutz des kleineren Unfallgegners
ausgelegt ist, enttäuschte. Die ADAC-Tester konnten nicht feststellen, dass der XC90 seine eigene Energie selbst abbaut.
Die Tester bemängelten gleich zwei Schwächen: Weil ein Querträger unter der Wucht des Aufpralls reißt, kann sich der Golf
nur noch punktuell abstützen. Außerdem steigt der XC90 auf die Vorderfront des VW. Für Insassen des Golf, dessen
Armaturenbrett um 23 Zentimeter in den Innenraum wanderte, stellen diese Umstände keine Lebensgefahr, aber ein sehr
hohes Verletzungsrisiko im Beinbereich dar.
Beim zweiten frontalen Zusammenstoß sind die Auswirkungen des starren, schmalbrüstigen Leiterrahmens beim Kia Sorento zu
bemängeln. Dieser bietet dem Unfallgegner nur eine unzureichende Abstützung. Der Leiterrahmen knickt ein, der Golf kann
sich nicht mehr abstützen und bohrt sich so in die "Weichteile" der Kia-Vorderfront. Dies erhöht die Verletzungsgefahr für
den Kia-Fahrer. Die Belastungen für die Insassen des Golfs sind nicht so hoch wie beim Volvo-Crash. Das Armaturenbrett des
VW verschob sich nur um acht Zentimeter.
Der ADAC bekräftigte im Hinblick auf diese Ergebnisse seine Forderung nach mehr Kompatibilität. Gefordert wird von
den SUV-Herstellern eine Konstruktion, die eine gleichmäßige Stabilität der Vorderfront während des gesamten Crashverlaufs
hinweg garantiert. Dabei sollte die Knautschzone in einen weicheren, für den Partnerschutz ausgelegten Bereich und eine
hintere, härtere Struktur zum Eigenschutz aufgeteilt sein. Darüber hinaus müsse durch konstruktive Maßnahmen ein Überfahren
des kleineren Fahrzeugs verhindert werden.
Im EuroNCAP-Crashtest erhielt der Kia vier Sterne, der Volvo sogar fünf. Der Golf erhielt bei einem vergleichbaren ADAC-Crashtest ebenfalls fünf Sterne (für alle Modelle ab Fertigungsmonat Juni 2004).