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Luxuscabrio-Studie: Renault Nepta |
Renault Nissan |
Um spektakuläre Studien sind die drei französischen Autobauer selten verlegen, schon gar nicht auf dem heimischen
Autosalon in Paris. Dieses Jahr wird Renault dort ein Konzeptauto vorfahren, das auf das aktuell bei Bentley beheimatete
Monopol eines viersitzigen Luxus-Cabrios abzielt. Überraschend und gelungen.
SUV, Pick-up, Sportkombi, Oberklasse-Coupé, Roadster - im Prinzip hat Renault all die Fahrzeugsegmente, in denen man als
Volumenhersteller selbst nicht oder noch nicht präsent ist, mit den entsprechenden Studien (Egeus, Trafic Deck-up, Altica,
Fluence, Wind) schon "abgegrast".
Jetzt wagt sich der selbsternannte "Créateur d'Automobiles" also in ein Segment vor, dass noch nicht einmal die sogenannte
Premium-Gilde der Branche beackert - ein Maybach Cabrio gibt es ebensowenig wie der allerdings angekündigte offene
Rolls-Royce. Und so ist natürlich klar, dass das Nepta getaufte Auto eine Studie bleiben und nach der Messe in den
Renault-Katakomben verschwinden wird. Dennoch beweisen die Franzosen hier mit einmal mehr viel Selbstbewusstsein und
den Mut zu unkonventionellen Lösungen.
Im Design haben sich die Designer zurückgenommen und auf allzu viel Studien-typische Spielereien verzichtet -
Größe und Eleganz sind die vorstehenden Merkmale in der Luxusklasse. So ist ein mit ziemlich exakt fünf Metern
relativ kurzes, mit knapp 1,96 Metern aber auch breites und vor allem mit 1,33 Metern Höhe flaches Auto entstanden.
Die Frontansicht wird bestimmt von einem kurzen Überhang, einem tief liegenden Lufteinlass, dem auf der weit
heruntergezogenen Fronthaube prägnant funkelnden Renault-Rhombus und den außerhalb der Schweinwerfer auf den Kotflügeln
platzierten Blinkern. Deren Innenleben besteht wie auch das der Scheinwerfer aus LED-Technik, letzterenfalls sowohl
für Tagfahr-, Abblend-, Fern- und das adaptive Kurvenlicht. Nicht weniger als 23 Zoll große Räder mit Runflat-Pneus
sorgen für die nötige optische Präsenz.
Am Heck bildet ein langer Überhang den Gegenpol zur Front. Langsam abfallend und sich verjüngend, den Verdeck- und
Überrollkasten beherbergend, ergeben sich Assoziationen an luxuriöse Yachten und/oder an die Blütezeit des luxuriösen
Automobildesigns der frühen 1930er-Jahre. Dennoch, dem Retro-Trend folgt der Nepta bewusst nicht, und der eigentliche
Clou in Form und Funktion bilden sowieso die Türen:
Flügeltüren wäre als Beschreibung zu ungenau, öffnen sie zwar nach oben, aber in einer anderen Geometrie als erwartet
und bisher so nicht gekannt: Die kompletten Fahrzeugseiten öffnen sich, komplett elektronisch gesteuert und mit
Hinderniserkennung versehen, auf fast 3,80 Meter Länge und schwenken an zwei Scharnieren bis weit hoch ins Dach, womit
selbst der Blick in einen Teil des Motorraums möglich wird.
Auch im Interieur bestimmt edle Sachlichkeit den Eindruck. Die Armaturentafel scheint zu schweben; die Frontscheibe
verlängert sich als transparentes Modul, durch welches das Pedalwerk zu sehen ist. Dieses wiederum lässt sich ebenso
wie Lenkrad und Armaturenträger vielfach verstellen, so dass die vier mit bedrucktem Leder bezogenen Sitze mit
sogenannten "Foils" (kielförmigen Befestigungselementen aus Aluminium), die an die Welt des Segelns erinnern, fest
am Fahrzeugboden fixiert werden konnten. Eine rote Lederverkleidung dient als Übergang zwischen Motor- und Innenraum.
In den Rückenlehnen der Frontsitze befinden sich TV-Bildschirme mit ein- und ausfahrbarer Schutzabdeckung. Lederschnüre,
die an die Haute Couture erinnern sollen, erlauben das Verstauen von Dokumenten und Zeitschriften. Zwischen den Vorder-
und Hintersitzen positionierte transparente Windschotts schützen die Fondpassagiere vor Luftverwirbelungen.
Nicht ganz so außergewöhnlich ist der Antrieb: Wer einen Zwölfzylinder oder wenigstens einen standesgemäßen V8, einen
Alternativantrieb oder auch den Mut zum Diesel erwartet hat, sieht sich enttäuscht. Unter der Haube sorgt tatsächlich
ein direkteinspritzender Sechszylinder-Benziner für Vortrieb. Dank Bi-Turbo-Aufladung erreicht die Maschine allerdings
satte 420 PS und ein maximales Drehmoment von 560 Newtonmetern bei 3.000 Touren. Der Vortrieb in Zahlen ist denn auch
nicht schlecht: 4,9 Sekunden nennt das Datenblatt für den Sprint auf Tempo 100, und die Höchstgeschwindigkeit dürfte
leicht die 250 km/h-Marke knacken, wiegt das Konstrukt dank Kohlefaser-Karosserie doch vergleichsweise geringe 1,5 Tonnen.
Dies und die Beschränkung auf nur sechs Zylinder und 3,5 Liter Hubraum hat, nicht zuletzt in Kombination mit der
siebenstufigen Automatik, einen positiven Effekt auf den Verbrauch: Gerade einmal 9,4 Liter im Mittel hat Renault
errechnet.
Der angepeilten Zielgruppe wäre das egal - doch bis auf weiteres müssen die sowieso einen Bentley ordern. Fast schade.