Das unabhängige Portal rund um Automobil & Verkehr
Freitag, 19. April 2024
Schrift: kleiner | größer
Lesezeit: ~ 2 Minuten
Gericht: Vorfahrtsberechtiger muss sich im Einzelfall wie Wartepflichtiger verhalten

Urteil: Vorfahrtsrecht auf Nebenwegen kann eingeschränkt sein

Ein Vorfahrtsberechtigter, der aus einem dem Anschein nach unbedeutenden Nebenweg kommt, der schlecht einzusehen ist, muss sich in eine Kreuzung genauso vorsichtig hineintasten wie ein Wartepflichtiger. Das geht aus einem Urteil des OLG Rostock hervor. In dem zugrundeliegenden, vom Anwalt-Suchservice mitgeteilten Fall waren ein Leichtkraftrad und ein Geländewagen auf einer Kreuzung zusammengestoßen. Der Biker kam von rechts aus einer geschotterten Straße, die zwei Bundesstraßen und mehrere Ortschaften miteinander verband. Der Geländewagen näherte sich von links auf einer asphaltierten Kreisstraße.

Infolge starken Pflanzenbewuchses konnten die Kraftfahrer einander nicht rechtzeitig wahrnehmen, und es kam zum Crash. Der Biker wurde schwer verletzt. Später vertrat die Fahrerin des Geländewagens die Auffassung, sie habe Vorfahrt gehabt, da der Biker zwar von rechts, aber aus einem Feldweg gekommen und deshalb wartepflichtig gewesen sei.

Das OLG Rostock sah das jedoch anders (Urteil vom 23.02.2007; - 8 U 40/06 -): Die Autofahrerin habe die Vorfahrt des von rechts kommenden Bikers missachtet und hierdurch den Verkehrsunfall herbeigeführt, so die Richter. Der Motorradfahrer sei zwar auf einer geschotterten Straße unterwegs gewesen. Allein wegen der Art des Fahrbahnbelages sei diese aber nicht als bloßer Feld- oder Waldweg einzustufen gewesen. Hierfür komme es vielmehr allein auf ihre Verkehrsbedeutung an. Als Feld- und Waldwege, so die Richter, seien deshalb nur solche Straßen anzusehen, die überwiegend land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken dienten und keine überörtliche Bedeutung hätten. Da der Schotterweg zwei Bundesstraßen und drei Orte miteinander verbinde, sei er aber von überörtlicher Bedeutung.

Allerdings trage der Biker eine Mitschuld an dem Unfall, so das Gericht weiter. Denn das Vorfahrtsrecht unterliege Einschränkungen, wenn der Betreffende aus einem dem Anschein nach unbedeutenden Nebenweg komme, der zudem schlecht eingesehen werden könne. In solchen Fällen hätten sich auch Vorfahrtsberechtigte in die Durchgangsstraße so vorsichtig hineinzutasten, wie es sonst nur Wartepflichtige müssten, so das Gericht. Das habe der Biker hier versäumt. Im Ergebnis sei er zu 40 Prozent für den Unfall verantwortlich und die Autofahrerin zu 60 Prozent.
text  Hanno S. Ritter
Verwandte Themen bei Autokiste
IM KONTEXT: DER BLICK INS WEB
Sie befinden sich im Archiv. Meldungen und enthaltene Links können veraltet sein. Bitte beachten Sie das obenstehende Veröffentlichungsdatum dieser Nachricht. Aktuelle Auto-News finden Sie hier.