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Prototyp: GM/Segway P.U.M.A. |
GM |
Eine Achse, vier Stützräder, zwei Sitze, Elektroantrieb: Segway hat in Zusammenarbeit mit dem angeschlagenen US-Autokonzern
General Motors das Konzept des (noch nicht so) bekannten Elektro-Stehrollers weiterentwickelt. Die Zukunft des pfiffigen
Prototypen ist jedoch ungewiss.
Wer schon einmal die Gelegenheit hatte, die ein oder andere Stunde mit dem Segway-Roller zu fahren, weiß: Das
schwer zu beschreibende Konzept eines Zweirads mit Stehfläche, das sich über Gewichtsverlagerung steuern
lässt, funktioniert in der Praxis richtig gut. Sich für wenige Cent an Kosten nahezu lautlos, lokal abgasfrei
und ohne körperliche Anstrengung fortzubewegen, ist ebenso genial wie zukunftsweisend.
Wer schon einmal die Gelegenheit hatte, Segway zu fahren, kennt aber auch die noch nicht ausgemerzten Nachteile
des in Deutschland noch immer Aufsehen erregenden Rollers: Einen Wetterschutz, einen vernünftigen Ständer und
eine ernstzunehmende Transportmöglichkeit für Gepäck gibt es nicht, der Roller ist zu schwer, nicht Bordsteinkanten-tauglich
- und nur für eine Person gemacht.
Zumindest mit einigen dieser konstruktiven Probleme will eine neue Kooperation zwischen Segway und GM aufräumen -
jener Autofirma, die noch vor wenigen Jahren die größte der Welt war, auf dem US-Heimatmarkt noch immer
größtenteils nicht wettbewerbsfähige Autos verkauft und nicht einmal weiß, ob sie das aktuelle Quartal ohne
Insolvenzverfahren wird abschließen können.
In New York City wurde jetzt eine entsprechende Kooperation der beiden Firmen besiegelt - und mit der Vorstellung
eines ersten Prototyps am Karfreitag auf der Automesse der Metropole wird sie unterstrichen. Das Mobil hört auf
den Namen P.U.M.A., was nichts mit Sportschuhen zu tun hat, sondern für "Personal Urban Mobility and Accessibility"
(private Mobilität und Erreichbarkeit in Städten) steht - eine vermeintlich coole Abkürzung ist bei solchen Sachen
obligatorisch.
Das Fahrzeug ist für zwei Passagiere ausgelegt, die aber nicht Segway-like stehen, sondern Auto-typisch nebeneinander
sitzen. Es bleibt grundsätzlich bei zwei seitlich angeordneten Rädern und der Steuerung per Gewichtsverlagerung über
eine Stange mit halboffenem Lenkrad. Je zwei kleine Räder vorne und hinten dienen nur als Kippschutz im Stand. Das
patent(iert)e Stabilisierungssystem stammt ebenso wie die Elektromotoren von Segway. Diese treiben beide Räder einzeln
an, sorgen mit unterschiedlichen Drehzahlen für Kurvenfahrt und können auch rückwärts drehen, so dass das Gefährt
ebenso wie das "Original" auf der Stelle wenden kann. Denkbar sind auch Dreisitzer und Varianten mit stärkerem
Wetterschutz und/oder Gepäckraum.
Und was trägt GM zum P.U.M.A. bei? Nach bisherigem Eindruck nur Sekundärtugenden wie Öffentlichkeitsarbeit. Außerdem
ist daran gedacht, die Fahrzeuge untereinander zu vernetzen, so dass Unfälle vermieden oder Parkplätze weitergegeben
werden. GMs Dienst "Onstar" könnte die Basis hierfür sein.
Als Steuerung dient ein aufgesetzter Dock, etwa ein iPhone, das mit dem Minicar per Bluetooth kommuniziert. Die
Antriebsenergie stammt aus Lithium-Ionen-Akkus, deren Reichweite mit 56 Kilometern angegeben wird - etwas mehr
als beim Stehroller. Auch Gewicht (140 statt 47 Kilogramm) und Höchstgeschwindigkeit legen gegenüber dem Steh-Pendant
deutlich zu: Mit 60 km/h sollen drei mal so viel möglich sein.
Wie es dann um die Sicherheit der Passagiere bestellt ist, wollen wir an dieser Stelle nicht thematisieren, steht das
Projekt doch noch ganz am Anfang einer Karriere - einer möglichen Karriere, deren Verlauf abzuwarten bleibt, nicht
nur wegen der ungewissen GM-Zukunft.
Wird sie womöglich aus kleinen Segway-Flitzern statt überdimensionierten Hummer-SUVs bestehen? Details zu einer möglichen
Einführung des Einachsers ließen die beiden Partner bewusst offen. Ob GM den Mut für eine Umsetzung und Segway alleine
die Ressourcen dafür hat, muss bezweifelt werden. Andererseits: Nie war das Umfeld so reif für neue Ideen und
Elektroantrieb wie jetzt.
"Stellen Sie sich vor, Sie bewegen sich in einem Fahrzeug in Städten fort, das nach Ihrem Geschmack gestaltet wurde,
mit dem das Fahren Spaß macht, das Sie sicher an Ihr Ziel bringt und (...) dabei saubere, erneuerbare Energie einsetzt,
keine Abgase ausstößt und keinen Stress erzeugt oder zu Staus führt", skizziert GM-Zukunftsplaner Larry Burns die
Vision. "Und all das bei einem Viertel oder Drittel der Kosten, die bei den heutigen Automobilen für Fahrzeughaltung
und den Betrieb anfallen. Das ist das Potenzial, das in diesem Projekt steckt."