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Mercedes startet Online-Shop |
Mercedes will den Rückstand zu BMW und Audi verringern. Ein Mittel zum Zweck sind neue Vertriebsformate wie etwa der jetzt
vorgestellte Online-Verkauf. Die Stuttgarter beanspruchen insoweit eine Pionier-Rolle – doch die Umsetzung des Shops
dürfte kaum einen Kunden befriedigen.
Mercedes-Benz eröffnet heute als nach eigenen Angaben erster Automobilhersteller weltweit einen Online-Store für Neufahrzeuge. Das
Unternehmen sieht den Verkauf über das Internet als einen "integralen Bestandteil" der im Sommer vorgestellten Marketing- und
Vertriebsstrategie "Mercedes-Benz 2020 - Best Customer Experience". Diese soll eine Vielzahl neuer Ansätze in Marketing, Vertrieb,
After-Sales und Finanzdienstleistungen bündeln, um für "neue, moderne Zielgruppen noch attraktiver zu werden und gleichzeitig
loyale Kunden an die Marke zu binden", wie es heißt.
Der Online-Store "Mercedes-Benz connect me" startet mit Fahrzeugen der A- und B-Klasse sowie mit CLA und CLS Shooting Brake. Eine
Ausweitung auf andere Modellreihen ist nicht ausgeschlossen; zunächst sollen wichtige Erkenntnisse über den Umgang der Kunden mit
einem solchen digitalen Verkaufskanal gesammelt werden.
Ob diese allzu positiv ausfallen, scheint zweifelhaft. So können Online-Kunden das gewünschte Fahrzeug nicht frei konfigurieren,
sondern müssen mit einigen wenige Angeboten vorliebnehmen, im Bereich der B-Klasse derzeit beispielhaft mit sechs Modellen,
darunter fünf Benzinern. Farbe und Ausstattung stehen fest. Außerdem bietet der Mercedes-Shop die Autos nur im Leasing und
ausschließlich inklusive Versicherung, Wartung und Überführungskosten an, die man sich bei Mercedes sonst durch Selbstabholung
in Stuttgart sparen kann.
Warum Kunden sich auf ein solches Standard-Angebot einlassen sollen, wo sie mit einem simplen Besuch im Autohaus ein nach Gusto
ausgestattetes Auto leasen, finanzieren oder kaufen können und zudem mutmaßlich ein finanziell besseres Angebot erhalten,
bleibt offen. Mercedes versucht, mit einem Geschenk wie einem Cabrio- oder SUV-Wochenende Käufer zu locken, wovon sich aber
wohl nur sehr unbedarfte Kunden beeindrucken lassen dürften. Mercedes überhöht solche kostenlosen Mietverträge denn auch schon sprachlich
als "exklusives ganz besonderes Markenerlebnis".
Angeboten wird beispielhaft ein B 200 Automatik mit Xenon-Licht und Panorama-Dach, der inklusive Überführung und Zulassung, für die mutige
714 bzw. 160 Euro aufgerufen werden, auf rund 42.500 Euro kommt. Im 3-Jahres-Leasing mit nur 30.000 Kilometern Gesamtfahrleistung kostet
das Auto den Kunden 470 Euro monatlich - plus eine Anzahlung von 8.335 Euro, effektiv also gut 700 Euro pro Monat.
Da wird der Kunde froh über die peinliche Ankündigung von Mercedes sein, dass alle Prozess-Schritte der Onlinebestellung "allen rechtlichen Vorgaben
entsprechen". Abgewickelt wird der Vertrag über die Niederlassungen und Vertragspartner, in der Startphase ausschließlich über die Niederlassung
Hamburg, wo man denn auch das "exklusive Markenerlebnis" abholen darf bzw. muss.
"Vor allem jüngere Kunden erwarten von einer Marke wie Mercedes-Benz, überall und jederzeit mit ihr in Kontakt treten zu können",
erklärt Mercedes-Vertriebschef Ola Källenius das neue Online-Engagement. Dass der Internet-Shop aber wirklich junge und medienaffine
Kundengruppen anspricht, wie er behauptet, scheint uns mindestens zweifelhaft: Ein Auto, zumal eines mit Stern, ist zu teuer, um es so
komplett-lieblos-unindividuell zu kaufen wie sich das die Mercedes-Marketer ausgedacht haben.