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© Frost & Sullivan
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Der Europamarkt für Telematik im Automobilbereich entwickelt sich zögerlicher als erhofft. So sind bisher bei weitem nicht
so viele Fahrzeuge mit Telematik ausgestattet wie ursprünglich prognostiziert. Von einem Massenmarkt kann daher derzeit noch
nicht die Rede sein. Und doch bleibt dieses Ziel durchaus realistisch: Laut einer neuen Analyse der internationalen
Unternehmensberatung Frost & Sullivan sind 88 Prozent der Pkw-Besitzer daran interessiert, ihr nächstes Auto mit
Telematikfunktionen auszustatten.
Die Analyse mit dem Titel "Voice Of The Customer" beleuchtet die Haltung und Wahrnehmung potenzieller Endnutzer zum Thema
Telematiksysteme in Pkw. Insgesamt wurden europaweit 1.500 Autobesitzer befragt, 400 davon nach Erhalt relevanter
technischer Informationen. Im Vordergrund standen dabei unter anderem die Fragen, für welche Einzelfunktionen sich die
Kunden besonders interessieren und wie viel Geld sie dafür auszugeben bereit wären.
Mit dem Begriff "Telematik" selbst können erstaunlicherweise nur recht wenige Autobesitzer etwas anfangen. Nur 36 Prozent
hatten konkrete Vorstellungen, wobei Italien mit 79 Prozent weit über und Großbritannien mit nur vier Prozent weit
unter dem europäischen Durchschnitt lagen. In Deutschland liegt der Bekanntheitsgrad bei immerhin 36 Prozent. Einzelne
Telematik-Funktionen wie z. B. Navigationssysteme dagegen waren durchweg gut bekannt.
Notruffunktion und Navigationshilfe am gefragtesten
Als begehrteste Einzelfunktionen nannten die Befragten den automatischen Notruf bei Airbag-Auslösung und Navigationssysteme
mit Farbbildschirm und dynamischer Streckenführung (Routenanpassung bei Staus, Hinweise auf Tank- und Parkmöglichkeiten).
Dabei stellte sich heraus, dass die große Mehrheit der europäischen Kunden für die Aktivierung des Telematiksystems manuelle
Bedienelemente am Lenkrad einer Spracherkennung vorzieht. Als vergleichsweise unwichtig weil bislang noch zu teuer wurden
Unterhaltungsfunktionen (Fernsehen, Spiele, MP3 und DVD) bewertet.
Erwünschter Preis der Kunden: zwischen 1.800 und 1.900 Euro
Zwischen 1.800 und 1.900 Euro und damit lediglich die Hälfte des derzeit empfohlenen Verkaufspreises würden die Autobesitzer
durchschnittlich für ein perfektes Telematiksystem bezahlen. "Diese Angabe bezieht sich allerdings lediglich auf den Erwerb,
berücksichtigt also keine weiteren Kosten z. B. für Systemnutzung oder Subskriptionsdienste," erläutert Frank Leveque,
Projektmanager bei Frost & Sullivan. "Was die Investitionsbereitschaft betrifft, waren erwartungsgemäß große Unterschiede
festzustellen. So würden beispielsweise die Kunden in Großbritannien 313 Euro mehr bezahlen als die in Frankreich und die
Fahrer teurer Autos 717 Euro mehr als Kleinwagenbesitzer."
Generell erwarten die Kunden zu dem für sie akzeptablen Preis ein Leistungspaket inklusive Navigationssystem der neusten
Generation, umfassendem Sicherheitssystem, Remote System Access (bei Schlüsselverslust kann das Fahrzeug von einer
Servicezentrale aus geöffnet werden), Infotainment-System mit Sprachaktivierung und Einbindungsmöglichkeit für Handys oder
Handhelds. Für ein Navigationssystem allein würden die Befragten durchschnittlich 219 Euro ausgeben, zusätzlich 132 Euro,
wenn sie mit seiner Hilfe Verkehrsstaus umgehen könnten und weitere 36 Euro für Informationen zu Tankstellen und
Parkplätzen.
Kunden offen für einen direkten Kontakt zum Fahrzeughersteller
Überraschend viel positive Resonanz gab es auf die Frage nach der Offenheit für aktuelle Informationen zum genutzten
Fahrzeug via Telematiksystem. In der Tat würden laut Analyse viele Pkw-Besitzer eine engere Beziehung zum Hersteller sogar
begrüßen. Für die Automobilbauer ergibt sich daraus die bedeutende Chance zur Entwicklung und Implementierung einer
effizienten Langzeitstrategie für das Customer Relationship Management (CRM).
Auf die Frage, an wen sie sich für den Erwerb eines Telematiksystems wenden würden, nannte die überwiegende Zahl der
Interviewten die Autohändler. "Das liegt wohl daran, dass die Telematik nach wie vor ein Nischenmarkt ist. Mit
fortschreitendem Produktlebenszyklus wird sich hier jedoch einiges ändern," meint Leveque.
Deutsche Diensteanbieter haben höchsten Bekanntheitsgrad
Den größten Bekanntheitsgrad im Sektor für Telematikdienste genießen derzeit die deutschen Autohersteller Mercedes-Benz,
BMW, Audi und VW. Überdurchschnittlich häufig fielen auch die Namen TrafficMaster (Großbritannien) und Renault. Die Akteure
im Sektor für Telematik-Hardware dagegen kennen nur wenige der Befragten. So sind Systemhersteller und spezielle
Serviceprovider wie Onstar, Teragon oder Intellicast bisher kaum ein Begriff.
Projekte scheitern an mangelndem Verständnis der Kunden
Mit seiner Analyse bietet Frost & Sullivan der Telematik-Branche eine wichtige Grundlage für die strategische Planung.
Gerade in jüngster Zeit mussten diverse Projekte schwere Rückschläge hinnehmen, weil bislang kaum Klarheit darüber
herrschte, welche Erwartungen die potenziellen Kunden an Telematiksysteme und -dienste stellen. Bekanntestes Beispiel für
diese Problematik ist sicherlich das Scheitern des Jointventure "Wingcast", mit dem Ford und das Software-Unternehmen
Qualcomm Möglichkeiten entwickeln wollten, drahtlose Datendienste wie Internetzugang oder Sicherheitsservices in Fahrzeugen
zu nutzen.
Preise müssen gesenkt werden
Neben der genauen Kenntnis der Kundenerwartungen empfiehlt Frost & Sullivan den Akteuren im Telematik-Markt eine offensive
Preisstrategie. Leveque: "Wer sich langfristig durchsetzen will, muss seine Preise reduzieren und dabei gleichzeitig die
Vorteile der Telematik kommunizieren. Sind die Kunden erst einmal vom Nutzen der Technologie überzeugt, ist mit raschen
Umsatzzuwächsen zu rechnen." Zudem sei es wichtig, Produkte unterschiedlicher Preis- und Leistungskategorien anzubieten, um
alle potenziellen Kundengruppen ansprechen zu können.
Titel der Analyse:
Voice Of The Customer- Frost & Sullivan's Survey Of Customer Attitudes And Perceptions Towards Telematics In Cars
(Report B140)