Rund drei Jahre nachdem der französische Automobilhersteller PSA (Peugeot/Citroën) den ersten rußgefilterten Diesel-Pkw
eingeführt hat, habe nun Ford als erstes deutsches Unternehmen für das zweite Halbjahr 2003 Dieselfahrzeuge mit
dieser Technik angekündigt. Die übrige deutsche Automobilindustrie verbleibe in ihrer Blockadefront und weigere sich
weiterhin, dieselrußgefilterte Fahrzeuge anzubieten. Dies ist das Ergebnis einer Umfrage der Initiative "Kein Diesel ohne
Filter" unter den deutschen Automobilherstellern, das heute veröffentlicht wurde. In einem Schreiben an die Deutsche
Umwelthilfe e.V. habe Bernhard Mattes, Vorstandsvorsitzender der Ford-Werke AG, noch für dieses Jahr dieselrußgefilterte
Fahrzeuge angekündigt, so die Initiative.
Offensichtlich aber war hier der Wunsch Vater des Gedankens: Wie Ford auf Autokiste-Anfrage mitteilte, sei lediglich
angekündigt worden, in der zweiten Jahreshälfte "geeignete Systeme zur Minimierung von Diesel-Partikeln" anzubieten und
damit die EU4-Abgasnorm zu erfüllen. Ob es sich bei diesen Systemen um einen Partikelfilter oder andere, etwa
innermotorische, Maßnahmen handeln wird, war nicht in Erfahrung zu bringen. Aus Wettbewerbsgründen, so Ford, solle dies
erst zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlicht werden. Der Kölner Automobilhersteller bezeichnete einzelne Passagen der
Pressemitteilung der Initiative schlicht als "falsch". - Bisher schafft kein deutscher Diesel die EU4-Norm, der VW Golf
mit dem 100 PS-TDI (als Limousine) aber immerhin schon die weitgehend gleiche D4-Abgasnorm.
Die übrigen deutschen Automobilhersteller Volkswagen, Audi, BMW, DaimlerChrysler und Opel verbleiben bislang
in ihrer Verweigerungshaltung gegenüber der Dieselrußfilterung, ohne wirksame Alternativen vorzuschlagen.
Die Unternehmen hätten auf die Frage, welche Fahrzeuge sie im Jahr 2003 mit Partikelfilter (oder vergleichbar
wirksamer Technologie) anbieten werden, die Antwort verweigert, heißt es weiter in der Mitteilung der Initiative.
Stattdessen hätten sie in einem "wütenden Brief" über den Verband der Automobilindustrie (VDA) verlautbaren lassen,
"mit Hochdruck an der Entwicklung dieser Systeme" zu arbeiten und dass "noch erhebliche offene Fragen zu klären"
seien. Die Forderungen der Initiative nach Ausstattung aller Neufahrzeuge mit Dieselrußfilterung und Entwicklung von
Nachrüstfiltern für Altfahrzeuge habe der VDA als "völlig unrealistisch" zurückgewiesen, ohne dies näher zu erläutern.
Stefan Bundscherer kündigte für den Bund Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) "kreative Aktionen" zur
Sensibilisierung der Bevölkerung an. "Wir werden im Verbund mit den übrigen Umwelt- und Verbraucherverbänden über die
Dieselrußproblematik informieren und die Bürger auffordern, keine Dieselfahrzeuge ohne Partikelfilter zu kaufen."
Insbesondere die Kinder, so Bundscherer, würden vom Partikelfilter profitieren, denn sie seien aufgrund ihrer geringeren
Größe und schwächeren Lungenabwehr den krebserregenden Dieselrußpartikeln ungeschützt ausgeliefert.
Die schnelle Einführung von Technologien zur Minderung der Partikelemissionen soll durch eine weitere Verschärfung der
EU-Abgasgrenzwerte für Pkw und Lkw und eine steuerliche Förderung erfolgen, kündigte Dr. Axel Friedrich, Abteilungsleiter
Umwelt und Verkehr beim Berliner Umweltbundesamt an. "Das Umweltbundesamt hält eine schnelle Grenzwertfestsetzung
für EURO 5 auf dem Niveau der Pkw-Otto-Motoren für dringend notwendig. Darüber hinaus besteht zwischen den Regierungen von
Deutschland und Frankreich Einigkeit, durch die Minderung von Partikelemissionen aus Kraftfahrzeugen baldmöglichst zu einer
weiteren Verschärfung der EU-Abgasgrenzwerte zu kommen." Ziel sei die breite und flächendeckende Einführung dieser
Behandlungstechnik für Dieselmotoren.
"Kein Diesel ohne Filter" ist ein breites Aktionsbündnis aus Umweltverbänden, Verkehrs- und Automobilclubs,
Gesundheitsexperten und Kinderschutzorganisationen. Hierzu gehören u.a. die Deutsche Umwelthilfe e.V., BUND, das
Bundesumweltamt und der Verkehrsclub Deutschland (VCD). Zu den weiteren Partnern und Unterstützern der Aktion
gehören u.a. der Auto Club Europa (ACE), das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg, die WHO, der Bundesverband der
Betrieskrankenkassen sowie die Umweltschutzorganisationen NABU e.V. und Greenpeace. Letztere hatte bereits im September
vergangenen Jahres den TÜV Rheinland beauftragt, einen Partikelfilter nach dem PSA-Prinzip in einen gebrauchten Mercedes
Diesel einzubauen. Dabei wurden nach eigenen Angaben hervorragende Resultate erzielt.
Kommentar:
Dass der Rußfilter kommen wird, ist völlig klar. Die medienwirksamen Aktionen der Initiative und ihrer Mitglieder
werden dafür sorgen - und wenn erst einmal das Fernsehen das Thema entdeckt und aufgreift, wird es Bewegung geben.
Dazu kommt der juristische Druck, den etwa Greenpeace auf die Hersteller ausübt. Außerdem hat Peugeot/Citroën mit
inzwischen 400.000 verkauften Dieselmodellen mit Partikelfilter bewiesen, dass die Technik verfügbar und jedenfalls
grundsätzlich funktionsfähig ist - was nicht heißen soll, dass man sie nicht eventuell noch verbessern könnte.
Spätestens in ein paar Jahren müssen zumindest die großen Dieselmotoren sowieso mit dem System ausgestattet sein, um die
Abgasgrenzwerte zu erfüllen. Da beim Diesel-Boom in Zeiten, da der Selbstzünder schneller denn je ist und der Spritpreis
weiter steigt, ein Ende nicht abzusehen ist, täte die deutsche Auto-Industrie gut daran, der umweltfreundlichen Technik
endlich den Weg zu ebnen. Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet Ford sich nun - möglicherweise, muss hinzugefügt werden -
an die Spitze einer Bewegung setzt, die man von den Diesel-Spezialisten und selbsternannten "Premium-Anbietern" VW oder
Mercedes hätte erwarten können? Die Hinhaltetaktik der anderen Unternehmen ist aus den Zeiten der ersten Katalysatoren in
Deutschland wohl bekannt, aber sie ist schädlich. Nicht nur für die Umwelt, sondern gerade auch fürs Marketing. (hsr)