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Freitag, 19. April 2024
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Gericht: Kein Augenblicksversagen, sondern hohe Unaufmerksamkeit

Urteil: Überholen in leichter Kurve ist grob fahrlässig

Wer in einer leichten Rechtskurve auf einer Bundesstraße überholt und dabei verunfallt, hat grob fahrlässig gehandelt und kann seine Vollkasko-Versicherung deswegen nicht für den Schaden in Anspruch nehmen. Das geht aus einem Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall fuhr ein Mann im Dezember 2002 auf einer Landstraße hinter einer Fahrzeugkolonne, überholte zunächst mehrere Fahrzeuge und scherte dann wieder in die Kolonne ein, da ein Fahrzeug entgegenkam. Danach scherte er in einer leicht gezogenen Rechtskurve wieder aus und setzte dazu an, den vor ihm fahrenden voll besetzten Kleinbus zu überholen, obwohl er wegen des vorausfahrenden wesentlich höheren Transporters keine ausreichende Sicht nach vorne hatte. Es kam zur Kollision mit einem entgegenkommenden Fahrzeug, dessen Fahrerin mehrfache Prellungen erlitt.

Der Kläger hatte geltend gemacht, grobe Fahrlässigkeit könne ihm nicht vorgeworfen werden, die Rechtskurve sei gut einsehbar gewesen, das entgegenkommende Fahrzeug habe er schlichtweg übersehen. Sowohl das Landgericht Mosbach wie auch das Oberlandesgericht Karlsruhe (Urteil vom 07.03.2004, - 12 U 151/03 -) stellten jedoch fest, dass die beklagte Versicherung gemäß § 61 VVG leistungsfrei sei, weil der Kläger den Versicherungsfall durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt habe. Der Kläger habe gegen § 5 Abs. 2 StVO verstoßen, wonach nur Überholen darf, wer übersehen kann, dass während des gesamten Überholvorgangs jede Behinderung des Gegenverkehrs ausgeschlossen sei. Durch die Rechtskurve und das sichtbehindernde Fahrzeug sei die Verkehrslage für den Kläger aber unklar gewesen. Ein schlichtes Übersehen des Gegenverkehrs ohne besonderen äußeren Grund deute gerade darauf hin, dass der Kläger die beim Überholen gebotene Aufmerksamkeit in besonders hohem Maße verletzt habe. Die bloße Berufung des Kraftfahrers auf ein sogenanntes Augenblicksversagen sei regelmäßig gerade kein ausreichender Grund, grobe Fahrlässigkeit zu verneinen.

Das Urteil ist rechtskräftig; die Revision wurde nicht zugelassen.
text  Hanno S. Ritter
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