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Gesetzesvorhaben: Künftig |
VW/ak |
Gefängnisstrafe für "Tachojustierer" |
Die Sachlage ist klar: Wer den Kilometerzähler am Auto manipuliert und anschließend beim Gebrauchtwagenverkauf
den niedrigeren Kilometerstand als Wahrheit ausgibt, um sich damit einen Vorteil zu verschaffen, macht sich nicht
nur schadenersatzpflichtig, sondern auch strafbar.
Das alleinige Verstellen des Wegstreckenzählers ist jedoch bisher nicht strafbar - wofür es unter juristischen
Gesichtspunkten durchaus gute Gründe gibt: Warum soll nicht jeder mit seinem Eigentum, also seinem Auto, machen
können, was er will, solange er anderen damit nicht schadet?
Andererseits jedoch wird das Zurückdrehen des Zählers in nahezu allen Fällen nur wegen des anschließenden Betruges
vorgenommen, auf den viele Käufer auch tatsächlich hereinfallen. Eine ganze Branche lebt von den im Internet ebenso
wie in vielen Zeitungen beworbenen sogenannten "Tachojustierungen". Daher spricht auch einiges dafür, bereits den
Vorgang des Verstellens als solchen zu bestrafen - ganz so wie etwa bei Urkundenfälschungen.
Ein solches Gesetzesvorhaben hat jetzt Verkehrsminister Dr. Manfred Stolpe in Absprache mit seiner Kollegin aus
dem Justizministerium, Brigitte Zypries, angekündigt. Die Vorschrift soll ins Straßenverkehrsgesetz (StVG) eingearbeitet
werden; als Strafandrohung sind Geldstrafe und Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr geplant. Bestraft werden sollen dabei
auch jene, die im Auftrag des Besitzers die Manipulationen vornehmen.
Laut ADAC sollen nach dem neuen § 22b StVG "Einwirkungen auf den Wegstreckenzähler oder den Messvorgang, die mit dem
Ziel erfolgen, die Messdaten zu verfälschen", bestraft werden können - damit wäre tatsächlich auch das Vorstellen
des Zählers unzulässig, Betriebsstundenzähler an manchen Nutzfahrzeugen oder Baumaschinen aber außen vor gelassen.
Darüber hinaus wird es auch verboten, Computer-Programme herzustellen, die zur Verfälschung von Messdaten dienen.
Damit wird gleichzeitig auch die Werbung für solche Dienste unzulässig.
"Mit dem Gesetz schützen wir insbesondere Käuferinnen und Käufer von Gebrauchtwagen besser vor Übervorteilungen. Der
Kilometerstand eines Kraftfahrzeuges ist schließlich ein ganz wesentlicher Punkt bei der Kaufentscheidung", sagte Zypries
am Freitag in Berlin. Die Ministerin ist nach Darstellung des ADAC erst durch dessen kürzliche Titelgeschichte in
der Clubzeitschrift "Motorwelt" auf die Gesetzeslücke - wenn man sie denn als eine betrachtet - aufmerksam geworden.
Der ADAC begrüßte die Initiative denn auch ausdrücklich; ebenso der Automobilclub von Deutschland (AvD). Der
Bundesverband freier Kfz-Händler (BVfK) sprach von der Erfüllung einer seit Jahren erhobenen Forderung.
Die Autoindustrie hatte zwar einige Anstrengungen unternommen, um die Zähler fälschungssicher zu gestalten, dabei
aber die Erfahrung machen müssen, dass die Betrüger früher oder später die Mechanismen knackten - was umso leichter
war, da kaum eine Werkstatt über Geräte verfügt, solche Manipulationen aufzudecken.
Andererseits hätte sich das Problem dennoch im Laufe der Zeit von alleine erledigt: Eine 100%ige Sicherheit gibt es
zwar nicht - doch wenn die Manipulation wegen der Sicherheitsmechanismen teurer wird als der anschließende Gewinn
beim Verkauf des Fahrzeugs, stirbt die Branche sowieso. Auch der oft behauptete Boom der "Tachofälschungen" darf
bezweifelt werden: Bei älteren Autos mit mechanischen Zählern brauchte man weder Spezialisten noch Software - eine
einfache Bohrmaschine an der Tachowelle genügte oft.
Stolpe will außerdem die Manipulation von Geschwindigkeitsbegrenzern an Lkw und Bussen künftig mit Freiheitsstrafe
sanktionieren. "Wer diese Geräte manipuliert, nimmt bewusst eine Gefährdung der Verkehrsteilnehmer in Kauf. Das werde
ich nicht länger dulden", so der Minister.