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Volkswagen |
Winterkorn, Pischetsrieder |
Völlig überraschend kommt es zu einem Machtwechsel bei Volkswagen. Konzernchef Dr. Bernd Pischetsrieder verlässt
das Unternehmen zum Jahresende; designierter Nachfolger bei Europas größtem Autobauer ist Manfred Winterkorn,
aktuell Vorstandvorsitzender bei Audi.
Am Dienstag Abend um kurz nach 19 Uhr teilte VW in einer Pflichtmitteilung für die Börse die Personalie mit.
Die gerade einmal sieben Zeilen lange Information enthält nicht den üblichen Dank an den scheidenden Vorstandschef;
das Präsidium des Aufsichtsrats und Pischetsrieder (58) hätten sich "einvernehmlich" auf dessen Ausscheiden
verständigt, hieß es lediglich - eine Sprachregelung, die auf interne Auseinandersetzungen hindeutet.
Nach Informationen der ARD-Tagesschau geht Pischetsrieders Entmachtung auf Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch zurück,
der ihn einst nach Wolfsburg geholt und zu seinem Nachfolger gemacht hatte. Piëch hatte bereits im Mai dieses Jahres
Pischetsrieders Zukunft öffentlich in Frage gestellt, konnte sich aber zunächst nicht durchsetzen: Der Vertrag des
VW-Chefs wurde bis 2012 verlängert. Angesichts dieser Stärkung und der ersten Erfolge bei der Sanierung des Konzerns
kommt die Ablösung jetzt für viele Beobachter zumindest vom Zeitpunkt her betrachtet überraschend. Offenbar ist es
Piëch gelungen, die Arbeitnehmervertreter im Kontrollgremium hinter sich zu scharen.
Bei Porsche, inzwischen mit gut 21 Prozent größter VW-Anteilseigner, mag man den Vorgang offiziell nicht kommentieren.
Manches deutet jedoch darauf hin, dass sich das Verhältnis zwischen Porsche-Chef Wendelin Wiedeking, der auch dem
VW-Aufsichtsrat angehört, und Pischetsrieder zuletzt abgekühlt hatte. Der Sportwagenbauer wird seine Anteile demnächst
mutmaßlich auf 25 Prozent aufstocken und hat auch einen Wert von 29,9 Prozent nicht ausgeschlossen - mehr aber nicht,
weil sonst ein offizielles Übernahmeangebot erfolgen müsste.
Nachfolger Pischetsrieders bei Volkswagen wird aller Voraussicht nach Audi-Chef Manfred Winterkorn (59). Eine entsprechende
Empfehlung sprach das Aufsichtsrats-Präsidium einstimmig aus; die Bestellung soll in der nächsten turnusmäßigen Sitzung
am 17.11.2006 fix gemacht werden. Winterkorn gilt als Vertrauter Piëchs, der ihn einst zu Audi und später zu VW geholt
und im März 2002 zum Audi-Chef gemacht hatte. Dort hatte Winterkorn - vor allem durch richtig positionierte und im
Detail gut gemachte Produkte - viel Erfolg; in diesem Jahr steuert die VW-Tochter erneut auf Rekordwerte zu.
Wer das Ruder bei Audi übernimmt, ist noch offen. Die Position von VW-Markenvorstand Wolfgang Bernhard ist von den
Veränderungen nicht betroffen. Bernhard hatte sich ebenfalls Chancen auf eine spätere Übernahme des Konzernchefs
ausgerechnet; seine Zukunft bei Volkswagen bleibt abzuwarten. Der oberste Konzern-Kommunikator Dirk Große-Leege
hatte bereits im September seinen Rückzug aus dem Unternehmen verkündet; er gilt als Vertrauter Pischetsrieders.
Die Nachricht über dessen Ausscheiden sorgte an der Börse zunächst für steigende Kurse.