|
Coupé-SUV: BMW X6 |
BMW |
Autos verschiedener Karosseriekonzepte zu kreuzen, ist nach wie vor eine beliebte Masche der Autobauer. Die vorerst
skurrilste Ausgestaltung dieses sogenannten Crossover-Konzepts hat BMW gemixt: Ein Coupé und ein SUV verschmelzen zum
X6. Interessant und mutig – aber eher kein Auto, auf das die Welt gewartet hat.
Im Prinzip war der X6 schon auf der IAA im September zu sehen, wenn auch seinerzeit noch das ein oder andere Detail
und der Innenraum komplett verhüllt war. So ist der von den Münchnern ausgerechnet am 3. Advent erstmals offiziell
gezeigte Grenzgänger im Design keine weihnachtliche Überraschung mehr.
Mit dem X6 tut BMW das, was andere Autobauer vorgemacht haben: Das Portfolio an Baureihen wird erweitert, in der
Hoffnung, damit auch den Gesamt-Absatz steigern zu können, und in der Angst, einen Trend zu verpassen. Die skizzierte
Hoffnung hat sich in der Vergangenheit nicht immer bewahrheitet - und die Angst oft als unbegründet herausgestellt.
Das ficht BMW allerdings nicht an. Hatte man seinerzeit mit dem - notabene nach dem Mercedes ML eingeführten - X5 den
Begriff "Sports Activity Vehicle" (SAV) anstelle des verbreiteten "Sports Utility Vehicle" (SUV) geprägt, so ist der X6
nun folgerichtig ein "Sport Acitivity Vehicle".
De facto verbirgt sich dahinter ein höher positionierter X5, der trotz Allradantrieb nochmals weniger für den
Offroad-Einsatz konzipiert ist als eben dieser X5. Die Anlehnung an ein Coupé bedeutet für die Kunden eine Extraportion
an Exklusivität im Tausch gegen praktische Werte. Statt sieben oder jedenfalls fünf Sitzplätzen gibt es im X6 nur
derer vier, und auch das Kofferraum-Volumen liegt mit 570 Litern unter der X5-Vorgabe (620 Liter) - genug für vier
Golfbags, wie das BMW-Marketing auch dieses Mal betont. Nicht die komplette Rückbank, sondern nur die Lehnen lassen
sich umklappen und erweitern dann das Ladevolumen auf bis zu 1.450 (1.750) Liter. Die Heckklappe ist einteilig
ausgeführt.
Für den Vortrieb sorgen zunächst je zwei Benziner und Diesel, die es allesamt an Potenz nicht fehlen lassen. Völlig
neu ist das V8-Triebwerk im Topmodell, das wie bei den Sechszylindern auf Bi-Turbo-Aufladung und Direkteinspritzung
setzt. Nicht weniger als 407 PS und 600 Newtonmeter Drehmoment aus 4,4 Litern Hubraum sind das Ergebnis. Sie genügen,
um das 2,2 Tonnen schwere Gefährt in 5,4 Sekunden auf Tempo 100 zu treiben oder mit elektronisch begrenzten 250 km/h
zum nächsten Termin zu eilen. Der Verbrauch von 12,5 Litern im Mittel ist angesichts der Leistung ein guter Wert, in
Anbetracht anderer Kriterien aber nicht zeitgemäß - und sogar höher als der im etwas schwächeren X5-V8.
Darunter rangiert der bekannte Dreiliter-Sechszylinder mit 306 PS und 400 Nm, dessen Datenblatt 6,7 Sekunden
Sprintzeit, 240 km/h Topspeed und 10,9 Liter Normverbrauch als Kenngrößen nennt. Die beiden ebenfalls drei Liter
großen Diesel leisten 286 bzw. 235 PS und verbrauchen nur 8,3 bzw. 8,2 Liter im Schnitt. Die Kraftübertragung
obliegt bei allen Varianten einer Sechsstufen-Automatik mit serienmäßigen Schaltpaddles am Lenkrad.
Natürlich gehört zu einem BMW mit dem X im Namen auch Allradantrieb. Beim X6 ist dieser erstmals mit der sogenannten
"Dynamic Performance Control" gekoppelt, die dank umfangreicher Sensorik, Lamellen und Stellmotoren nicht nur eine
variable Verteilung der Antriebskräfte zwischen den Achsen, sondern auch zwischen den beiden Hinterrädern ermöglicht -
und das selbst im Schubbetrieb. Ziel des Systems ist auch hier nicht eine verbesserte Geländegängigkeit, sondern mehr
Dynamik auf der Straße. Hierzu ist DPC neben ABS und ESP mit einem halben Dutzend weiterer Elektroniksysteme vernetzt.
Um das Konzept zu betonen, hat BMW sogar die Modellbezeichnungen kompliziert: Nicht wie gewohnt "X6 3,5d" etwa heißt
der große Diesel, sondern zungenbrecherisch "X6 xDrive35d", und das steht denn auch einen Tick zu auffällig auf den
vorderen Türen.
Premiere feiert der X6 auf dem Genfer Autosalon im Januar 2008; Markteinführung ist anschließend zunächst in den
USA und sodann, wohl noch im Frühling, auch in Europa. Preise liegen noch nicht vor, dürften sich aber mehr am
X5 denn am 6er-Coupé orientieren: 56.000 Euro als Einstieg scheinen realistisch, das sind etwa fünf Tausender
mehr als beim X5 - aber auch zehn weniger als beim 6er.
Ein einzigartiges Fahrzeugkonzept, schwärmt BMW in der nicht enden wollenden X6-Pressemappe, habe man auf die Räder
gestellt. Das Auto trete an, "gewohnte Sichtweisen zu verändern". Das ist zweifellos richtig; und ob die
zahlungskräftige Klientel das auch will, darf mit Interesse verfolgt werden.