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Gericht: Wartepflichtiger hat gesteigerte Sorgfaltspflicht
Urteil: Kein Verlass auf Blinkzeichen
Die Unart des Nicht-Blinkens greift weiter um sich. Wenn aber doch geblinkt wird, sollte man darauf nur
bedingt bauen: Auf Blinkzeichen eines Vorfahrtsberechtigten darf man sich nach einem Urteil des OLG
Saarbrücken erst dann verlassen, wenn dessen Abbiegeabsicht zweifelsfrei zu erkennen ist.
In dem vom Anwalt-Suchservice mitgeteilten Fall war eine Ford-Fahrerin auf einer Vorfahrtsstraße unterwegs
gewesen. Als sie sich einer Kreuzung näherte, glaubte sie zunächst, dort abbiegen zu müssen und blinkte.
Sie bemerkte ihren Irrtum jedoch noch, schaltete den Blinker vor Erreichen der Einmündung wieder aus und
fuhr geradeaus weiter.
Genauer gesagt - sie wollte geradeaus fahren, denn an der Kreuzung kam von rechts ein wartepflichtiger Peugeot,
dessen Fahrerin das Blinken gesehen hatte und deshalb - ohne zu halten - links auf die bevorrechtigte Straße
abbog. Im Einmündungsbereich stießen beide zusammen. Die Ford-Fahrerin wurde dabei verletzt und verklagte die
Unfallgegnerin später auf Schadensersatz und Schmerzensgeld. Die Peugeot-Fahrerin vertrat jedoch die Ansicht,
die Verletzte sei selbst an dem Unfall schuld. Sie habe rechts geblinkt; daher habe man davon ausgehen dürfen,
dass sie nicht weiter geradeaus fahren, sondern abbiegen wollte und sich beide Pkws nicht in die Quere kommen
würden.
Dem folgte das OLG Saarbrücken jedoch nicht. In der Entscheidung (Urteil vom 11.03.2008; - 4 U 228/07-76 -)
heißt es, die Wartepflichtige habe gegen die Straßenverkehrsordnung verstoßen, denn sie hätte nur weiterfahren
dürfen, wenn sie übersehen konnte, dass sie Vorfahrtsberechtigte weder gefährdete noch behinderte. Die Frau habe
es insbesondere versäumt, vor dem Abbiegen nochmals nach links zu schauen, um sich zu vergewissern, dass der
andere Wagen, der geblinkt hatte, auch wirklich abbog.
Den Wartepflichtigen, so die Richter, treffe eine gesteigerte Sorgfaltspflicht. Er dürfe sich auf ein Blinksignal
des Vorfahrtsberechtigten erst dann verlassen, wenn dessen Abbiegeabsicht zweifelsfrei zu erkennen sei - und müsse
auch mit verkehrswidrigem Verhalten rechnen. Vertrauen dürfe er in der Regel nur auf das Unterbleiben atypischer,
grober Verstöße des Bevorrechtigten.
Ein solcher grober Verkehrsverstoß könne der falsch Blinkenden aber nicht vorgeworfen werden: Es sei in der
Praxis nicht selten, dass das "Rückstellen des Fahrtrichtungsanzeigers" aufgrund eines Defekts oder einer
Unaufmerksamkeit unterbleibe oder dass Ortsunkundige falsch blinkten. In dem falschen Blinken liege allerdings
ein Mitverschulden in Form eines Verstoßes gegen das allgemeine Gefährdungsverbot der StVO. Ein Bevorrechtigter,
der von seiner angekündigten Fahrtrichtung Abstand nehmen wolle, müsse vorsichtig an die Einmündung heranfahren
und eine Verständigung mit Wartepflichtigen herbeiführen. Da sie dies versäumte, habe die Verletzte 25 Prozent
des Schadens selbst zu tragen, die Peugeot-Fahrerin hafte für 75 Prozent.
text Hanno S. Ritter
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