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Gericht: Radfahren gehört zur grundrechtlich gewährleisteten Handlungsfreiheit
Urteil: Kein Fahrradverbot nach Alkoholmissbrauch
Normalerweise müssen Radfahrer, die erheblich betrunken erwischt werden, auch mit einem Entzug des Führerscheins
rechnen. Wer aber weder Fahrerlaubnis noch Pkw besitzt, darf nicht stattdessen mit einem Fahrradverbot belegt werden,
entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz.
In dem Verfahren ging es um einen etwa 60jährigen Mann, der Ende 2008 einer nächtlichen Polizeistreife aufgefallen war,
nachdem er mit einem Fahrrad auf dem Radweg Schlangenlinien fuhr. Die Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration
von 2,33 Promille.
Wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr verurteilte das Amtsgericht den sich nicht im Besitz eines Führerscheins
befindlichen Mann zu einer Geldstrafe von 400 Euro. Die zuständige Verkehrsbehörde forderte ihn überdies auf, ein
medizinisch-psychologisches Gutachten über seine Fahreignung vorzulegen. Nachdem der Radfahrer sich - auch aus
Kostengründen - der Begutachtung verweigert hatte, verbot ihm die Behörde mit sofortiger Wirkung das Führen von
Fahrrädern. Seinen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz hat das Verwaltungsgericht abgelehnt. Die hiergegen beim
Oberverwaltungsgericht eingelegte Beschwerde hatte indes Erfolg.
In der Entscheidung (Beschluss vom 25.09.2009, - 10 B 10930/09.OVG -) heißt es, bei dem Fahrradfahrverbot habe die
Verkehrsbehörde den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht ausreichend beachtet. Zwar könne eine Fahrt mit dem
Fahrrad bei einer solchen Blutalkoholkonzentration Zweifel an der Eignung zum Fahrradfahren begründen. Jedoch
seien die Besonderheiten "erlaubnisfreier Fahrzeuge" zu berücksichtigen. Ihre Benutzung im öffentlichen Straßenverkehr
falle in den Kernbereich der grundrechtlich gewährleisteten allgemeinen Handlungsfreiheit. Deshalb könnten alle
Personen - etwa auch kleine Kinder - voraussetzungslos mit dem Fahrrad am Straßenverkehr teilnehmen.
Außerdem werde die Sicherheit des Straßenverkehrs und anderer Verkehrsteilnehmer durch Fahrräder erheblich weniger
beeinträchtigt als durch Kraftfahrzeuge, heißt es in der Begründung weiter. Die Verursachung schwerer Verkehrsunfälle
durch betrunkene Fahrradfahrer sei die Ausnahme. Dementsprechend könne ein Fahrradfahrverbot nur angeordnet werden,
wenn die Gefährdung des öffentlichen Straßenverkehrs durch den alkoholisierten Radfahrer aufgrund der konkreten
Umstände des Einzelfalls mit den Risiken des Kraftfahrzeugverkehrs vergleichbar sei.
Daran aber fehle es im Fall des Mannes, der nicht nur erstmalig auffällig geworden sei, sondern darüberhinaus nachts
auf dem Radweg auch keine besondere Gefährdung für andere dargestellt habe. Eine Wiederholungsgefahr sei u.a. wegen
der Geldstrafe nicht ersichtlich.
text Hanno S. Ritter
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