Lesezeit: ~ 2 Minuten
Gericht: Gurtstatus hat keinen Einfluss auf Haftungsquote bei Zweitunfall
Urteil: Keine Gurtpflicht nach Unfall
Ein Autofahrer ist nach einem Unfall nicht nur berechtigt, den Sicherheitsgurt zu lösen, sondern jedenfalls grundsätzlich
auch dazu verpflichtet, hat der Bundesgerichtshof klargestellt. Eine erhöhte Mithaftung für einen anschließenden Zweitunfall
lässt sich aus dem fehlenden Gurt mithin nicht herleiten.
In dem Fall ging es um eine Autofahrerin, die spätnachts aus ungeklärter Ursache mit ihrem Pkw ins Schleudern geraten und
anschließend unbeleuchtet auf der linken Fahrspur der Autobahn stehengeblieben war. Auf das Fahrzeug fuhr ein weiterer
Autofahrer auf, der mit Richtgeschwindigkeit unterwegs war. Bei diesem Zweitunfall wurde die Frau schwer verletzt.
Sie forderte anschließend Schadensersatz unter Berücksichtigung einer in solchen Fällen üblichen eigenen Mitverschuldensquote
von 1/3 vom Unfallfahrer und dessen Versicherung. Das Landgericht Baden-Baden hatte der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der
Beklagten hatte das Oberlandesgericht Karlsruhe die Haftungsquote grundsätzlich auf 60 Prozent abgesenkt, da die Frau bei dem
Zweitunfall nicht mehr angeschnallt gewesen war und damit selbst zum eigenen Schaden gegen eine grundsätzliche
Sicherheitsvorschrift verstoßen habe.
Im darauffhin angestrengten Revisionsverfahren kippte die Lage jedoch noch einmal. Die obersten Bundesrichter führten aus,
nach § 21a Abs. 1 StVO müssten vorgeschriebene Sicherheitsgurte während der Fahrt grundsätzlich angelegt sein. Ein Verstoß
gegen diese Vorschrift könne hinsichtlich unfallbedingter Körperschäden auch zu einer Haftungskürzung wegen Mitverursachung führen.
Da die Beklagten hier nur für die Folgen des Zweitunfalls hafteten, sei für die Frage der Mitverursachung durch die Klägerin
allein von Bedeutung, ob die Anschnallpflicht zum Zeitpunkt des Zweitunfalls noch bestanden habe. Das aber sei nicht der Fall
gewesen, so die Richter in der Entscheidung (Urteil vom 28. Februar 2012, - VI ZR 10/11 -).
Der Aufprall des nachfolgenden Autos ereignete sich nicht "während der Fahrt" des klägerischen Pkw, so die Richter. Dessen Fahrt
sei vielmehr dadurch beendet worden, dass er unfallbedingt an der Leitplanke zum Stehen gekommen war. "Nachdem es zu diesem Unfall
gekommen war, war die Klägerin mithin nicht nur berechtigt, den Gurt zu lösen, um ihr Fahrzeug verlassen und sich in Sicherheit bringen
zu können, sondern gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 2 StVO sogar dazu verpflichtet, nämlich um die Unfallstelle sichern zu können", teilte
der BGH mit. Der Frau könne deshalb nicht angelastet werden, unangeschnallt gewesen zu sein, als sich der Zweitunfall ereignete.
text Hanno S. Ritter
Verwandte Themen bei Autokiste
IM KONTEXT: DER BLICK INS WEB
|
Sie befinden sich im Archiv.
Meldungen und enthaltene Links können veraltet sein. Bitte beachten
Sie das obenstehende Veröffentlichungsdatum dieser Nachricht.
Aktuelle Auto-News finden Sie hier.
|