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Samstag, 20. April 2024
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Neue Generation kommt im November mit drei Karosserieversionen

Ganz der Neue: Vorstellung Ford Focus II

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Ford Focus II
Ford
Seit knapp einem Jahr ist der neue Golf jetzt auf dem Markt, und er hat für viele Schlagzeilen gesorgt - nicht nur gute, darf ergänzt werden. In der Vorstellung etwas früher, in der Markteinführung etwas später folgte der ewige Hauptkonkurrent aus Rüsselsheim - und auch der neue Astra, der zweifellos sowohl technisch als auch optisch einen Riesensprung zu seinen Vorgängern gemacht hat, bot allenthalben viel Gesprächsstoff, hat aber bisher sein Ziel, den Golf vom Thron der Zulassungsstatistik zu verdrängen, verfehlt.

Doch - abgesehen von BMW 1er, Audi A3 und den Vertretern aus Japan und Frankreich - gibt es noch einen dritten Kompakten, um den es in der Regel viel stiller ist: Ford betreibt eine andere Art von Modellpolitik und vor allem eine völlig andere Art von Öffentlichkeitsarbeit und Marketing als die Mehrheit der anderen Hersteller. Nun aber kommt der neue Focus, fast schon plötzlich und unerwartet, zuerst auf die Redaktionstische und schon am 13. November auch zu den Händlern. Man kann sagen, dass Ford hier ein gutes Jahr verschwendet hat - oder aber, dass man in Köln geschickt die Reaktionen auf die beiden Wettbewerber studiert und vielleicht die ein oder andere Lehre daraus gezogen hat.

Ein erster Blick auf die Fotos macht schnell klar: Jedenfalls optisch ist der Focus ganz der alte geblieben. Abgesehen von der jetzt deutlich flacheren Front- und Heckscheibe und einigen Details bleibt das Auto der bisherigen Linie treu, was nicht zwangsläufig ein Nachteil sein muss, perfektioniert sie aber. Wüsste man es nicht besser, könnte man auch von einem umfassenden Facelift sprechen. Dazu gehören also neben den flacheren Scheiben eine elegantere Frontpartie mit größerer Frontschürze, kleineren, nun runden Nebelleuchten und neuen Scheinwerfern samt integrierten, hochkant angeordneten schmalen Blinkern, neuem Kühlergrill und zwei Sicken von dort bis zu den A-Säulen. Dazu kommen etwas weiter ausgestellte und eleganter gezeichnete Kotflügel sowie bessere Spaltmaße. Die hochgestellten Heckleuchten bleiben im Grundsatz ebenso erhalten, sind jetzt aber länger und schmaler, nicht mehr an das hintere Seitenfenster angrenzend - und werfen nachts hoffentlich nicht nur so ein kleines und schwaches Licht ab wie im C-MAX. Geblieben sind der runde Tankdeckel und die Bügeltürgriffe sowie die Scheibenwischer-Anordnung vorne und hinten.

Neu sind ein schwarzes Plastikdreieck zwischen Außenspiegeln und Kotflügel wie bei der Mercedes A-Klasse, nicht mehr dreieckige seitliche Blinker, die nach wie vor im Kotflügel sitzen, die lange überfällige Einbeziehung der Tankklappe in die Zentralverriegelung, stärker modellierte Schweller, in die Frontschürze integrierte, versenkte Waschdüsen für die Scheinwerfer, der Verzicht auf die Dreiecksform der hinteren Nummernschild-Aussparung und des Heckfensters und ein weniger kaschierter Knick an der Heckklappe. Beim Dreitürer gibt es ein anders geformtes Seitenfenster hinten.

Die Karosserie selbst ist gewachsen auf jetzt 4,34 Meter (Kombi: 4,47). Die Breite beträgt satte 1,84 Meter, die Höhe knapp 1,45 Meter, womit der Focus etwas flacher, aber erstaunlicherweise deutlich länger und breiter als ein Golf (4,20 / 1,76 / 1,48) ist. Gewachsen sind auch die Spur (plus vier Zentimeter) und der Radstand um 2,5 Zentimeter.

Ein Blick ins Interieur zeigt einen noch größeren Ford-Schritt, es sei denn, man gehört zu den wenigen Fans der alten, unruhigen Form. In der neuen Generation wirken Armaturenbrett und Mittelkonsole deutlich hochwertiger und mehr wie aus einem Guss gestaltet. Vier klassische Rundinstrumente mit mittigem Multifunktionsdisplay, ansehnliche Lenkräder und vernünftig wirkende Bedieneinheiten in der Mittelkonsole, wo optional auch ein großer Touchscreen-Farbmonitor Einzug hält, machen Lust auf die erste Ausfahrt. Ähnlichkeiten zum Ford Mondeo oder zum VW-Design sind hier durchaus nicht zufällig. Wie bereits im C-MAX setzen die Kölner ausschließlich Materialien ein, die das Allergie-Risiko auf das absolute Minimum senken sollen und ein TÜV-Prüfsiegel hierfür tragen.

Gegen Aufpreis gibt es künftig auch im Focus Annehmlichkeiten wie Kurvenlicht, Bluetooth-Schnittstelle fürs Handy, Sprachsteuerung, DVD-System mit Monitor im Fond (nur im Kombi) oder schlüsselloser Zugang. Neu ist auch eine optional verstellbare Pedalerie für besonders große oder kleine Personen, wobei es schade ist, dass man auf ein stehendes Gaspedal wie etwa im Golf verzichtet hat. Apropos Sicherheit: Serienmäßig sind sechs Airbags und Gurtstraffer (nur vorne) sowie Kindersitzbefestigungspunkte und schließlich ESP. Erstmals kommt auch in den höheren Versionen eine geschwindigkeitsabhängige, elektro-hydraulische Servolenkung zum Einsatz, im Übrigen bleibt es bei einer hydraulischen Version. Dazu verspricht Ford bessere Bremsen, wenn auch nach den uns vorliegenden Unterlagen in den Basisversionen tatsächlich noch Trommelbremsen an der Hinterachse montiert werden.

Neu ist zudem eine gegen Aufpreis erhältliche Zweizonen-Klimaautomatik mit zwei kleinen Displays, wobei Ford hier bewusst zu täuschen versucht, wenn behauptet wird, so etwas sei bislang der "Luxusklasse" vorbehalten gewesen. Zahlreiche Ablagefächer, darunter ein gekühltes Handschuhfach, das auch eine 1,5 Liter-Flasche aufnehmen können soll, und ein mittig oben auf dem Armaturenbrett platziertes Fach mit Deckel (Serie in bestimmten Versionen) sollen die großen und kleinen Dinge des Alltags transportieren. Das Kofferraumvolumen wächst auf jetzt 385 Liter - und übetrifft die Golf-Vorgabe von 350 Litern damit merklich. Der Kombi schluckt zwischen 475 und 1.525 Liter.

Auch die Radio- und Navigationssysteme sind neu, wobei die Top-Modelle im Audio-Bereich von Sony stammen. Das Top-Navi mit Farbmonitor steuert Denso bei, alternativ gibt es auch ein Standard-Blaupunkt-Gerät. Wer mehr sparen will oder muss, bekommt Ford-eigene Radios, die es sogar noch mit Kassettenlaufwerk gibt.

Motorseitig gibt es zum Start vier Benziner mit Hubräumen zwischen 1,4 und 2,0 Liter, die 80, 100, 115 und 145 PS leisten, wobei die 115 PS-Variante völlig neu ist. Die beiden Diesel erreichen 109 respektive 136 PS aus 1,6 bzw. 2,0 Litern Hubraum. Sie sind beide, allerdings nur gegen Aufpreis, auch mit einem zusammen mit Peugeot/Citroën entwickelten Rußfilter zu bekommen und erfüllen dann und nur dann die EU4-Abgasnorm. Als Kraftübertragung kommen je nach Variante serienmäßig oder optional manuelle Fünf- und Sechsgang-Getriebe, eine vierstufige Wandlerautomatik und eine stufenlose CVT-Automatik zum Einsatz. Fünf- oder Sechszylinder sind ebenso wie Allradantrieb nicht verfügbar. Die Rädergröße beträgt je nach Version 15 oder 16 Zoll, optional sind auch 17- und 18-Zöller zu bekommen. Seltsamerweise verfügen ausgerechnet die Versionen "Sport" und "Ghia" über Stahlfelgen, denen Ford eine "Alu-Optik" nachsagt. So etwas ist nur peinlich.

Produziert wird der neue Focus, der sich bekanntlich die Plattform mit Mazda 3 und Volvo S40/V50 teilt, in Saarlouis sowie im spanischen Valencia. Zur Markteinführung im November, auch das ist untypisch, stehen bereits der Drei- und Fünftürer und auch der Kombi in den Showrooms. Angeboten werden gleich fünf Ausstattungslinien namens Ambiente, Trend, Sport, Ghia und Titanium. Die Stufenheckversion ist für 2005 angekündigt; über eine Neuauflage des Cabrios schweigt man sich in Köln offiziell noch aus, sie darf aber wohl erwartet werden, sagen wir, 2007.

Alles in allem hinterlässt der neue Focus am Ende einen zwiespältigen Eindruck: Im Design sowohl außen als auch und insbesondere innen gereift und ohne Frage erwachsener im Auftritt geworden, und in der Summe auch technisch sicherlich besser als bisher, vermisst man doch einerseits Selbstverständlichkeiten wie EU4-konforme Motoren oder Scheibenbremsen und andererseits echte Neuerungen und Errungenschaften - Dinge, die eben mehr Begehrlichkeiten wecken könnten als bei Golf oder Astra. Bleibt als Argument der Preis: Der Dreitürer in Basisversion startet bei 14.375 Euro - knapp 850 Euro weniger als ein entsprechender Golf, der dafür allerdings - noch - mit Klimaanlage geliefert wird. Ob das alles dem Focus zu einem dauerhaften oder gar wachsenden Erfolg gereicht, bleibt fraglich - jedenfalls in Deutschland.
text  Hanno S. Ritter
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