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Freitag, 29. März 2024
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Fünfte GTI-Auflage kommt im Herbst mit 200 Turbo-PS

Die Legende lebt: VW zeigt den neuen Golf GTI

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VW Golf GTI
Volkswagen
Rückblende: 1976, im Juni, gut zwei Jahre nachdem der erste Golf seinen späteren Siegeszug angetreten hat, schickt VW eine besonders sportliche Version auf die Straßen. 1,6 Liter Hubraum, 110 PS, 9,2 Sekunden auf 100 Sachen und 182 km/h Höchstgeschwindigkeit waren ein Wort, und eigentlich sollte der GTI nur in einer limitierten Auflage von 5.000 Stück gebaut werden. Das jedenfalls besagt die Legende und erläutert die VW-Presseabteilung, und der Redakteur dieser Zeilen, damals wohl gerade dem Kettcar-Stadium entkommen, könnte es weder bestätigen noch widerlegen.

Vom großen Zuspruch überrannt entwickelte sich aus der limitierten Auflage schnell eine beständige Größe im Golf-Programm: Aus 5.000 geplanten Autos wurden bis heute 1,5 Millionen. Stark war der GTI vor allem zu Zeiten des Golf I und II; später gab es ihn zwar weiterhin, und obwohl er eigentlich immer besser (wenn auch nicht viel schneller) wurde, hielten ihn viele für "verweichlicht", soll heißen, für optisch und motorseitig zu nah an der Serie, mehr eine Ausstattungslinie denn einen echten Sportler darstellend. Wenn das zweifellos auch seine Vorteile hatte für jene, die auf vier Türen und Understatement Wert legen, so mag VW den Vorwurf nicht länger auf sich sitzen lassen.

Jetzt also kommt die fünfte Auflage des GTI, die als seriennahe Studie schon im Zuge der Vorstellung der normalen Golf-Varianten auf der IAA im letzten September zu sehen war. Sportlich soll er wieder sein, und sportlich soll er wieder aussehen, außerdem an die Geschichte anknüpfen, den Kult möglichst wiederholen - oder, wie VW sich blumig ausdrückt, die Ur-Version "akzentuiert zitieren" und "die typischen GTI-Werte aber durch eine faszinierende Antriebs- und Fahrwerksdynamik sowie ein ebenso kraftvolles wie ästhetisches Design" neu interpretieren. Nun ja.

Widmen wir uns den Details: Herzstück eines GTI ist der Motor, und hierbei handelt es sich um das aus dem Audi A3 bekannte Zweiliter-Aggregat mit Direkteinspritzung, das dank Turbolader aus nur zwei Litern Hubraum exakt 200 PS entwickelt. Die mit 10,5:1 hoch verdichtete Maschine entwickelt außerdem immerhin 280 Newtonmeter Drehmoment in einem weiten Bereich zwischen 1.800 und 5.000 Umdrehungen. Mit dem serienmäßigen Sechsgang-Schaltgetriebe schafft der GTI damit nach Werksangaben die auch heutzutage prestigeträchtige Tempo 100-Marke in 7,2 Sekunden, das maximale Reisetempo wird mit 235 km/h angegeben. Wer gegen Extra-Geld das DSG-Getriebe ordert, schafft es sogar in 6,9 Sekunden auf 100 Sachen. Die Maschine erfüllt natürlich die EU4-Abgsanorm, den Verbrauch beziffert VW im Mittel auf 8,0 Liter.

GTI-Fahrer wollen (angeblich), dass auch die Nachbarn im Stau das Potential sofort erkennen, und deswegen zeigt sich die Neuauflage auch wieder deutlich als Sportler: Ein großer, schwarzer Kühlergrill, der Audi-typisch weit in die Frontschürze herunter gezogen und mit der charakteristischen roten Umrahmung versehen ist, gehört zum veränderten Außendesign ebenso wie Dachkanten- und Heckspoiler unten mit integrierter Doppelendrohr-Abgasanlage sowie eigenständige 17-Zoll-Räder mit Pneus im 225er-Format. Durch die Felgen blitzen rot lackierte Bremssättel hervor, und auch sonst hat VW schon vieles vorweggenommen, an dem sonst Tuningfirmen verdienen: Veränderte Stoßstangen gehören ebenso dazu wie abgedunkelte Scheinwerfergehäuse, schwarze Schwellerverbreiterungen, eine Blende an den B-Säulen, das moderat um 15 Millimeter abgesenkte Sportfahrwerk und ein Wabengitter für Kühlergrill und die drei großen Lufteinlässe in der Frontschürze. Schließlich spendieren die Wolfsburger dem GTI eine blau getönte Wärmeschutzverglasung, die sich immer gut macht, wie man von den Mercedes "Avantgarde"-Versionen weiß.

Im Innenraum darf auf neuen Sportsitzen Platz genommen werden, deren Kopfstützen in die hohen Rückenlehnen integriert zu sein scheinen, aber doch verstellbar sind. Dazu kommen diverse GTI-Logos, ein dreispeichiges Lederlenkrad, schwarzer Dachhimmel sowie Alu-Dekor an Lenkrad, Pedalerie, Schalthebel und Armaturenbrett. Neu gestaltete Instrumente, die VW aber wie das gesamte Interieur noch nicht zeigen mag, und eine deutlich aufgewertete Ausstattung komplettieren das GTI-Paket. Serienmäßig sind u.a. die halbautomatische Klimaanlage, Regensensor, Nebelscheinwerfer, Fußraumbeleuchtung vorne, Multifunktionsanzeige, automatisch abblendender Innenspiegel, Reifendruckkontrolle und das, was man neu-deutsch Coming-Home- und Leaving-Home-Licht nennt.

Ach ja, den GTI wird es auch künftig als Fünftürer geben. Der Verkauf startet Anfang Oktober nach dem Pariser Autosalon. Zum Schluss der Blick in die Preisliste: "Unter 25.000 Euro" verspricht VW - ohne jedes Extra, versteht sich. 1976 waren das 50.000 Mark, und dafür hätte man damals vieles gekauft, nur keinen GTI (13.850 Mark). Wie die Zeiten und Preise sich ändern. Aber da kann VW nun nichts dafür.

Jetzt wünschen wir uns nur noch, dass auch ein Sechszylinder wieder Einzug hält in den Golf.
text  Hanno S. Ritter
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