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Donnerstag, 28. März 2024
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Wichtigstes Mercedes-Modell kommt mit modifiziertem Design und stärkeren Motoren

Mercedes E-Klasse: Zweiter Frühling

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Mercedes E-Klasse
DaimlerChrysler
Die Katze ist endlich aus dem Sack: Rund vier Jahre nach dem Produktionsstart hat Mercedes die E-Klasse einer Modellpflege unterzogen. Wichtigste Merkmale sind optische Modifikationen an Front, Heckleuchten und Außenspiegeln, stärkere Motoren und mehr Sicherheits-Ausstattung. Die Preise der meisten Modelle bleiben unverändert.
Die E-Klasse ist schon länger und weiter zunehmend umringt von anderen Buchstaben alias Baureihen, doch sie ist für den Stuttgarter Autobauer nach wie vor das mit Abstand wichtigste Modell. Die E-Klasse bringt hohe Stückzahlen und ordentliche Margen, sie steht für die Marke als solches, und sie war über Jahre unangefochtener Marktführer in ihrem Segment.

In letzter Zeit waren die Verkaufszahlen deutlich rückläufig, was einerseits mit der erstarkten Konkurrenz von BMW und insbesondere von Audi, andererseits und nicht zuletzt aber auch mit der - gerechten und verspäteten - Kundenreaktion auf die Qualitätsprobleme bei Mercedes zu tun hatte, die sich - ob berechtigt oder nicht - vor allem an der E-Klasse (Baureihe W211) manifestierten.

Nun also, zur Mitte der Laufzeit und nach immerhin rund einer Million verkaufter Modelle, gibt es ein Facelift, was im Mercedes-Jargon früher Modellpflege (MOPF) hieß. Inzwischen fabulieren aber auch die Stuttgarter PR-Leute lieber von einer "neuen Generation" und - schlimmer noch - vom "Oberklasse"-Modell. Wie auch immer: Eine MOPF ist bei der E-Klasse immer spannend, aufgrund des geschilderten Hintergrundes dieses Mal besonders interessant - kurzum: trotz GL-Klasse und diverser AMG-Renner die wichtigste Mercedes-Neuheit des Jahres.

Beginnen wir beim Design, das entgegen früherer Gerüchte nur zurückhaltend modifiziert wurde, was wirtschaftliche Gründe haben mag, aber auch dazu beiträgt, die bisherigen Modelle nicht zu alt aussehen zu lassen und damit den Werterhalt und die Zeitlosigkeit im Image zu sichern. Auffälligstes Merkmal der Operation ist die neue Frontschürze mit einer mittigen Pfeilung nach unten und - je nach Ausstattungsniveau - Chromstreben links und rechts der Nebelscheinwerfer. Der untere Teil der Schürze ist nun wie so oft dreigeteilt ausgeführt.

Die in ihrer Form unveränderten Scheinwerfer erhalten im oberen Teil, wo die Blinker integriert sind, horizontale Lamellen, wobei mangels guten Fotomaterials zunächst offen bleiben muss, inwieweit dies die Optik beim Blinken verändert. Die Standlichter sind künftig in LED-Technik ausgeführt, und der Kühlergrill kommt nun mit vier statt bisher je nach Variante fünf Querstreben aus - ein beliebtes MOPF-Stilmittel bei Mercedes.

Ebenfalls erst auf den zweiten Blick offenbar wird das zusätzliche Markenlogo oben auf dem Grill - ganz so, wie dies vor Einführung des Plakettengrills (also 1994 im Zuge der zweiten W124-MOPF) bei Mercedes üblich war und mit der neuen S-Klasse reaktiviert wurde - und nicht zuletzt die stärkere Pfeilung des Grills nach unten, die dem Auto mehr Präsenz verleiht, ohne ins Aufdringliche oder Aggressive abzugleiten.

Im übrigen erhalten alle Modelle die Seitenschweller und Heckstoßfänger der "Avantgarde"-Linie, doch dürften das nur echte Kenner bemerken. Auffälliger wiederum ist das neue Innenleben der Rückleuchten im Stile des CLK, das satter als bisher wirkt und soweit bisher erkennbar nach wie vor ein separates Bremslicht beinhaltet. Außerdem sitzt die Chromleiste am Heck nun direkt auf der Karosseriesicke und ist deutlich breiter ausgeführt als bisher. Dies gilt nur für die Limousinen; beim T-Modell bleiben Rückleuchten und Leiste unverändert, dafür wächst die dritte Bremsleuchte im Dachspoiler deutlich in die Breite. Ebenfalls neu, aber weniger gelungen, sind die nun nicht mehr integrierten und leicht hängend wirkenden Außenspiegel mit etwas eleganterem Blinkeinsatz.

Für das Interieur angekündigt sind ein neues Lenkrad mit jetzt elliptischen Bedientasten, ein verändertes Bediengerät der kleinen, serienmäßigen Klimaautomatik sowie neue Farben, Polster und Materialien; insbesondere für den "Avantgarde" gibt es zwei neue Farbtöne ("Cognacbraun" und "Saharabeige"), die in Verbindung mit einem schwarzen Dachhimmel besondere Akzente setzen sollen. Außerdem gibt es eine veränderte Bedien- und Lichteinheit im Dachhimmel.

Vom Design zur Technik: Serienmäßig erhalten alle Modelle das 2002 in der S-Klasse eingeführte und mehrfach ausgezeichnete "PRE-SAFE"-System, das bei einem drohenden Unfall bereits vor dem eigentlichen Crash Schutzmaßnahmen für die Insassen aktiviert. Ebenfalls mehr Sicherheit sollen die aus anderen Baureihen bekannten, aktiven Kopfstützen "NECK-PRO" und das bei starker Verzögerung blinkende Bremslicht bieten; ob dieses nun stets in LED-Technik ausgeführt sind, bleibt dagegen zunächst offen. Außerdem neu ist das Scheinwerfersystem mit verschiedenen Lichtmodi je nach Wetter und Geschwindigkeit; ein Tagfahrlicht gibt es jedoch weiterhin nicht (Autokiste berichtete).

In punkto Fahrdynamik setzt Mercedes wie bereits beim Facelift der C-Klasse auf ein "DIRECT CONTROL" getauftes Maßnahmenpaket. Es umfasst eine etwa zehn Prozent direktere Lenkung, eine bessere Abstimmung des manuellen Sechsganggetriebes und ein neu entwickeltes Federlenkerlager, das Querkräfte bei Kurvenfahrt besser abstützen soll. Bis auf das Basismodell "Classic" gibt es zum gleichen Zweck außerdem sogenannte "Zuganschlagfedern".

Die größte Änderung unter dem Blech betrifft dagegen die Bremsanlage: Die mit viel Aufwand entwickelte und beworbene elektro-hydraulische Bremse "SBC", die den größten Rückruf der Unternehmensgeschichte auslöste, ist Vergangenheit. Ein konventionelles, mechanisch betätigtes System tritt an ihre Stelle; die meisten Zusatzfunktionen übernimmt das ESP. Serienmäßig ist künftig außerdem eine Reifendruck-Kontrolle wie etwa in der M-Klasse, also ohne umständliche Sensoren.

In punkto Motoren hat sich Mercedes vor allem um die Vier- und Achtzylinder-Varianten gekümmert und wie üblich ordentlich Leistung nachgelegt. So stehen beim kleinsten Antrieb, dem 200 CDI, künftig 136 statt 122 PS und 340 statt 270 Newtonmeter im Datenblatt, außerdem erhält nun auch dieser Motor eine Ausgleichswelle, was Mercedes ernsthaft von "sechszylindertypischer Laufruhe" schwärmen lässt. Beim 220 CDI wächst das Potential von 150 auf 170 PS und das Drehmoment von 340 auf 400 Nm, beide Motoren verbrauchen unverändert 6,3 Liter (Limousine) im Mittel. Beim E 320 CDI bleibt es bei 224 PS, das Drehmoment dagegn wurde um 30 auf 540 Nm angehoben. Spätestens 2008 soll nach der auf 2007 terminierten US-Markteinführung das "BLUETEC"-Modell mit besonders sauberem Abgas erscheinen.

Bei den Benzinern gibt es für den "200 Kompressor" eine Leistungsspritze von 163 auf 184 PS, das Drehmoment steigt um zehn auf 250 Nm. Im Topmodell der Baureihe arbeitet künftig der aus der S-Klasse bekannte 5,5 Liter-V8 mit 388 PS und 530 Nm (bisheriger E500: 306 PS, 460 Nm). Der E55 AMG schließlich (V8-Kompressor, 476 PS, 700 Nm) wird durch den in anderen Baureihen bereits eingeführten, nicht aufgeladenen Achtzylinder mit 6,3 Litern Hubraum und 514 PS/630 Nm ersetzt - die stärkste E-Klasse aller Zeiten. Weitere Daten zu den Motorisierungen liegen noch nicht vor.

Die Markteinführung ist für Juni 2006 vorgesehen; Vier- und Sechszylindermodelle werden trotz des Mehrwerts preislich unverändert bleiben. Die Karten in der Oberen Mittelklasse sind also neu gemischt - wer das As zieht, wird spannend zu beobachten sein.
text  Hanno S. Ritter
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