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Mercedes-Benz "Safety Truck" |
DaimlerChrysler |
Entgegen landläufiger Klischees sind Nutzfahrzeuge bisweilen fortschrittlicher als Pkw. Dies gilt besonders für
das Mercedes-Flaggschiff Actros, das nun erstmals auch ein vollautomatisches Notbremssystem in die Serie bringt.
Die "Active Brake Assist" (Notbrems-Assistent) getaufte Technik basiert auf dem Radarsystem der
"Telligent"-Abstandsregelung, die sich bereits seit Jahren mit automatischen Anpassungsbremsungen um die Einhaltung
eines konstanten Abstands bei Fahrten auf Autobahnen und Fernstraßen kümmert.
Im Unterschied zur Abstandsregelung leitet der "Active Brake Assist" (ABA) bei der akuten Gefahr eines Auffahrunfalls
selbsttätig eine Vollbremsung ein. Er nutzt die drei Radarsensoren der Abstandsregelung, die innerhalb eines Bereichs
von sieben bis 150 Metern in der Fahrspur vor dem Lkw fahrende Hindernisse erkennen und dabei fortlaufend die
Differenz-Geschwindigkeit zum vorausfahrenden Fahrzeug ermitteln.
Ist bei unverändert beibehaltener Verkehrssituation ein Unfall unvermeidlich, wird der Fahrer zunächst optisch durch
ein rotes Dreieck sowie akustisch gewarnt, bei einer Verschärfung der Kollisionsgefahr zusätzlich mit einer Teilbremsung
(Bremsleistung 30 Prozent). Reagiert der Fahrer nicht, leitet das System danach selbstständig eine Vollbremsung ein.
Die Entwickler erhoffen sich von der Technik eine signifikante Senkung der Auffahrunfälle, die einen Schwerpunkt im
Unfallgeschehen des schweren Güterfernverkehrs in Europa darstellen, und damit eine Verringerung von Verkehrstoten
und Schwerverletzten. Dies setzt allerdings eine weite Verbreitung des Systems voraus, die erst nach und nach erreicht
werden dürfte - noch gibt es das Notbrems-Heinzelmännchen erst bei Mercedes, dort nur im Actros und gegen Aufpreis. Auch
kann ABA bisher nicht mit stehenden Hindernissen umgehen.
Auch ist klar - und das verheimlicht Mercedes auch nicht -, dass ABA Unfälle nicht immer aktiv verhindern, jedoch
mindestens durch das Einsetzen der vollen Bremswirkung die Aufprall-Geschwindigkeit und damit die Schwere von
Unfallfolgen erheblich verringern kann. Erste Ergebnisse aus unternehmenseigenen Flottentests in der Praxis bestätigten
diese Vorhersage, heißt es.
Vorgestellt wurde die neue Technik am vergangenen Donnerstag in Brüssel in einem sogenannten "Safety Truck". Dieser
Actros verfügt über diverse Sicherheitstechniken, von ESP alias "Telligent-Stabilitätsregelung" über die entsprechende
Abstandsregelung, den Spurassistenten, den Bremsassistenten, das neue ABA, optimierte Außenspiegel, Retarder,
Rückrollsperre, Luftfederung und Niveauregulierung, Xenon-Scheinwerfer und Tagfahrlicht, Spritzschutz in den Radkästen
und anderes mehr. Das Fahrzeug erfüllt darüberhinaus bereits heute die EU5-Abgasgrenzwerte. Der "Safety Truck" ist dabei
keine Inszenierung - alle diese Systeme sind entweder serienmäßig vorhanden oder aktuell von den Käufern bestellbar.
Für die nächsten Jahre verspricht Mercedes einen neuen "Stauassistenten", einen verbesserten Spurassistenten mit aktivem
Lenkeingriff, ein Parksystem mit Ultraschallsensoren und die ABA-Ausweitung auf stehende Hindernisse.