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Seriennahe Studie: BMW 5er GT |
BMW |
Der BMW Progressive Active Sedan, kurz PAS, füllt die Erlkönig-Spalten und die Gerüchteküche inzwischen
seit Jahren. Jetzt endlich lassen die Münchner die Katze aus dem Sack und zeigen mit einer seriennahen
Studie den Ausblick auf ein neues Modell zwischen 5er- und 7er-Reihe: Der 5er GT ist interessant – und
gewöhnungsbedürftig.
Ein Auto, das man erklären muss, hat - nicht immer, aber oft - schon verloren. Als Beispiele dafür mögen
herhalten der NSU Ro80, Renault Avantime, der Seat Toledo oder die Mercedes R-Klasse. Und doch: BMW erklärt
den neusten Spross ausführlich - markentypisch hat die Presseabteilung nicht enden wollende Wortschlangen
ersonnen, die mit überdurchschnittlich vielen Adjektiven von
authentisch über
innovativ und
situationsgerecht bis
variabel versehen sind.
Die Quintessenz ist schnell erzählt: Wenn aus dem Messe-Auto mit dem sperrigen Namen "BMW Concept 5 Series
Gran Turismo" zur IAA im Herbst der BMW GT 5er oder 5er GT wird, soll er die Brücke schlagen zwischen Kombi
und SUV, gewürzt mit einer Prise Sportwagen und, kaum noch erschmeckbar, Van. Die berühmte "eierlegende
Wollmichsau" also, was natürlich nur im Ansatz auch wirklich funktionieren kann. Manchmal aber ist vielleicht
ein solcher Kompromiss besser als nichts, lautet das Kalkül dahinter: Der Vertreter des "völlig neuen
Fahrzeugsegments" soll schließlich auch Kunden anderer Marken locken.
Angesprochen werden sollen jene, denen ein 5er Kombi zu verbreitet, ein Siebener zu auffällig und ein X5 vielleicht
inzwischen zu umstritten ist. Jene, die andererseits aber keine klassische Limousine fahren wollen, weil die
ihnen dann doch zu "spießig" und wenig flexibel erscheint - und weil sie, aus Gewohnheit oder auch Altersgründen,
die höhere Sitzposition eines SUV lieben gelernt haben, sich das aber noch kombiniert mit einem leichteren Einstieg
wünschen. Ungefähr all das verkörpert der 5er GT.
Zu den Fakten: Entstanden ist ein großes Auto, das die Fünf-Meter-Grenze nicht einmal um einen Fingerbreit
unterschreitet und sich in punkto Radstand mit 3,07 Metern auf dem großzügigen Niveau des Siebeners befindet.
Die Höhe liegt mit 1,555 Metern zwischen dem 5er und dem X5. Die Prise Sportwagen steuern rahmenlose Seitenscheiben
bei.
Im Innenraum verfügt die Studie über zwei Einzelsitze im Fond, die von einer von vorne bis hinten durchgehenden
Mittelkonsole getrennt werden. Das durchgehende Element betonen im übrigen auch die einteiligen Einstiegsleisten
und die Gestaltung der Türverkleidungen. In der Serie wird es wohl auch eine Version mit normaler Rückbank geben,
die dem Konzept aber einiges an Pfiffigkeit nehmen wird.
Die hinteren Sitze nämlich sind - das ist neu für BMW, nicht für die Autowelt als solche - sowohl verschiebbar
als auch in der Lehnen-Neigung verstellbar. In der Normalstellung ergibt sich ein Fußraum auf 7er-Niveau
mit einer dem X5 entsprechenden Kopfreiheit. In dieser Konstellation beträgt das Gepäckraumvolumen 430 Liter.
Werden die Sitze um maximal zehn Zentimeter nach vorne bewegt, verbleibt eine Beinfreiheit in der Größenordnung
des normalen 5er, das Stauvolumen wächst auf 570 Liter.
Durch eine hinter den Fondsitzen angeordnete, ebenfalls teilbare Trennwand werden Passagier- und Kofferraum wie
bei einer Limousine akustisch und klimatisch voneinander getrennt - letzteres ein Punkt, der Vor- und Nachteile
haben kann. Die Lehnen der Fondsitze lassen sich elektrisch umklappen, womit eine durchgehende, bei weitem aber
nicht ebene Ladefläche entsteht. Maximal schluckt der Kofferraum 1.650 Liter. Die feste Gepäckraumabdeckung kann
im Kofferraumboden verstaut werden.
Die Trennwand ist eine pfiffige Idee, wenn sie auch Platz kostet und zusätzliches Gewicht bedeutet. Sie kann
ihren Zweck vor allem im Zusammenspiel mit der Heckklappe vorführen. Diese nämlich lässt sowohl das Öffnen nur
des unteren Teils unterhalb des Heckfensters - ungefähr wie bei einer Limousine, aber mit niedrigerer Ladekante -
als auch der gesamten Klappe (wie bei einem Kombi oder SUV) zu. Die Konstruktion hat freilich nur noch bedingt
Neuigkeitswert, setzt sie doch Škoda beim Superb ähnlich ein. Zu den Merkmalen des 5er GT gehört außerdem ein
großes Panorama-Glasdach, wie es bisher nur im 5er Touring erhältlich ist.
In punkto Design bietet das Auto keine größeren Überraschungen. Die Front wird bestimmt von einer besonders
großen Niere à la Siebener, die Seitenansicht gleicht einem gestauchten X6, und auch das wuchtige Heck
ist zweifelsfrei als BMW zu identifizieren. Auffallend sind der kaum noch als solcher zu erkennende,
markentypische "Hofmeisterknick" am hinteren Abschluss des Fensterbandes und der großzügige Einsatz von
Chromleisten. Die sogenannten Coronaringe für das Tagfahrlicht an den Doppelscheinwerfern ist erstmals in
LED-Technik ausgeführt, was eine nochmals größere Aufmerksamkeit und geringeren Strombedarf mit sich bringt.
Im Interieur ist die Studie noch stärker überzeichnet als außen, gibt aber gleichwohl einen Eindruck der
wesentlichen Elemente. Die Instrumente sind 7er-like in "Black-Panel-Technologie" ausgeführt: Die Rundinstrumente
und alle anderen Informationen werden auf einem Monitor dargestellt.
Auf dem Genfer Salon zeigen die Bayern zunächst die Studie, die aber von Details abgesehen sehr seriennah ist.
Der fertige GT wird auf der IAA im Herbst erstmals in natura zu sehen sein, die Markteinführung noch in diesem
Jahr stattfinden. Dann werden die Merkmale der Neuheit, die nach BMW-Doktrin "in vergleichbarer Kombination nie
zuvor bei einem Automobil realisiert wurden", sicherlich neue Impulse in der Oberen Mittelklasse setzen, wie
der Autobauer formuliert.
Sympathisch übrigens, dass die Münchner insoweit noch nicht wie die beiden wichtigsten Konkurrenten von der
Oberklasse sprechen, auch wenn der GT dieser nahe kommt. So wird schon der Preis - ab etwa 60.000 Euro - für eine
natürliche Auslese bei den Interessenten sorgen. Das aber wäre vielleicht sogar schade, denn mit dem Erfolg des
5er GT gekoppelt ist die Umsetzung einer weiteren potentiellen BMW-Neuheit - die dann wohl 3er GT hieße. Hoffentlich muss man
das Konzept bis dahin nicht mehr erklären.