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Facelift: Mercedes R-Klasse |
Daimler |
Mercedes gibt der bisher eher erfolglosen R-Klasse eine letzte Chance: Ein Facelift soll den Crossover neu in
den Fokus der Kunden bringen. Dazu gehören sparsamere und/oder stärkere Dieselmotoren und vor allem ein
wesentlich stimmigeres Design. Ob es reicht?
Gerade einmal 1.529 Modelle der R-Klasse wurden im vergangenen Jahr laut KBA in Deutschland neu zugelassen - ein
Wert, den selbst die Optimisten in der Marketing-Abteilung als "suboptimal" geißeln dürften, auch wenn die
teurere GL-Klasse noch schlechter abgeschnitten hat.
Man mag die R-Klasse für einen der besten Reisewagen für Kilometerfresser halten, aber es hilft nichts, wenn
die Kundschaft das Auto gar nicht oder seine Vorzüge nicht kennt - oder sich schlicht aus Designgründen abwendet.
Kein Zweifel: An der R-Klasse hatte Mercedes bisher wenig Freude, und zwar auch im Produktionsland auf der anderen
Seite des Atlantik, wo man solche Autos eigentlich schätzen sollte.
Dort, in den USA nämlich, hat Mercedes am Mittwoch Abend deutscher Zeit (und manchen deutschen Medien wieder einmal vorab)
zu Beginn der New York Autoshow das Facelift des Modells präsentiert, das großspurig gar als "neue Generation" bezeichnet
wird. Tatsächlich handelt es sich natürlich um das, was Mercedes-intern so schön "Mopf" heißt - und diese Modellpflege ist
denn auch die letzte Chance für die R-Klasse. Ziehen die Verkäufe, speziell in den USA und auch in China, nicht merklich
an, wird es keinen Nachfolger geben.
"Sieht einfach gut aus" heißt es bei Mercedes zum aufgefrischten Modell, die Rede ist gar ansatzweise selbstkritisch von
einem "deutlich attraktiveren Design". Das hinzubekommen, war nicht schwierig, man man hinzufügen, während man das in der
Tat deutlich attraktivere Design wirken lässt. Wesentliches Kennzeichen ist der komplett neue Vorderwagen, bei dem sich
Mercedes nicht auf Retuschen an Stoßfänger und Leuchten beschränkt, sondern auch die Motorhaube modifiziert hat. Sie
endet nun höher als bisher, betont die Breite des Wagens zusätzlich und mündet in einen wesentlich größeren und steileren
Kühlergrill, dessen niedrigere und anders gewinkelte Lamellen dem Betrachter nun mehr schwarze Fläche bieten.
Er wird flankiert von neu arrangierten Scheinwerfern, die endlich ihre ovale Form und den inneren Wurmfortsatz aufgeben
und nun Anleihen an der M-Klasse nehmen. Die neue Frontschürze verzichtet auf die aufgesetzten Stoßleisten und die
nach unten hängenden "Mundwinkel" zugunsten eines klaren, gradlienigen Lufteinlasses. An der Position der ehemaligen
Nebelscheinwerfer tritt eine LED-Leiste für das Tagfahrlicht, wie sie bereits beim Sondermodell "Grand Edition" zum
Einsatz kam. Allerdings koppelt Mercedes dies an die teilweise immer noch aufpreispflichtigen Xenon-Scheinwerfer. Wer sie
nicht bestellt, muss nicht nur mit schlechterem Licht leben, sondern auch mit dem aus der E-Klasse bekannten
Doppel-Rundscheinwerfer für Nebel- und Halogen-Tagfahrlicht in der Schürze.
Auch am Heck verschwindet das verspielte Innenleben der Rückleuchten zugunsten eines dreigeteilten, vertikalen
Aufbaus, der wesentlich erwachsener, eleganter und zeitloser wirkt. Allerdings bleibt Mercedes hier technisch
hinter den Möglichkeiten zurück: LED-Technik gibt es wieder einmal nur teilweise. Neu ist zudem die Heckschürze,
die dank besserer Formgebung vor allem an den Seitenteilen, den integrierten Endrohren und den zusätzlichen,
breiten Rückstrahlern ebenfalls viel wertiger wirkt als bisher.
Die Seitenansicht bleibt abgesehen von neuen Räderdesigns und den endlich auch hier aufgefrischten Ein-Arm-Außenspiegeln
mit Blinkleuchten im Pfeil-Look unverändert. Kurzum: Die R-Klasse sieht jetzt endlich so aus, wie sie schon bei ihrer
Premiere hätte aussehen können und sollen.
Auch die inneren Werte hat Mercedes überarbeitet - und dabei der R-Klasse sogar erstaunlich unaufgeregt eine Premierenrolle
zugedacht: Der V6-Diesel als Volumenmotor, lange Zeit schwächer als die Konkurrenzmodelle, erstarkt deutlich von 224 auf
265 PS. Das Drehmoment steigt parallel dazu von 510 auf satte 620 Newtonmeter. Wer dem Reisewagen die Sporen gibt, kann so
in 7,6 Sekunden auf Tempo 100 und anschließend weiter bis auf 235 km/h beschleunigen. Doch nicht nur diese Werte
sind besser als beim Vorgänger (8,7 Sekunden, 222 km/h), sondern auch der Verbrauch: Statt 9,3 sollen künftig 8,5
Liter reichen. Diese neue Motorversion dürfte demnächst auch in den anderen Baureihen eingesetzt werden.
Neben diesem R 350 CDI 4MATIC bleibt auch die schwächere Variante des Motors im rein heckgetriebenen R 300 CDI
"BlueEfficiency" im Angebot. Bei unverändert 190 PS und 440 Nm sinkt der Verbrauch hier von 8,2 auf 7,6 Liter. Der
EU6-konforme R 350 CDI Bluetec als einer der saubersten Diesel auf dem Markt wird ebenfalls etwas sparsamer (8,4
statt 8,7 Liter). Komplett unverändert bleiben die Benziner, namentlich der 231 PS starke V6 im R 300, der
3,5-Liter-V6 mit 272 PS im R 350 4MATIC und der Achtzylinder mit 388 PS im R 500 4MATIC.
Im übrigen hat Mercedes das Modellprogramm gestrafft; allerdings sind die Angaben insoweit noch widersprüchlich.
Gestrichen sind offenbar die Lang- und die Allradversion des R 300 CDI, der kurze R 500 und die Hecktriebler-Varianten
des R 350.
Der Innenraum der R-Klasse bleibt von neuen Farbkombinationen abgesehen unverändert. Als neu angekündigt ist der
bisher schon serienmäßige AUX-IN-Anschluss im Handschuhfach, tatsächlich neu ist der optionale Totwinkel-Assistent.
Weitere Assistenzsysteme oder Extras hat Mercedes seinem Crossover-Modell nicht zuteil werden lassen, was die
Stuttgarter aber nicht davon abhält zu behaupten, die R-Klasse biete "die Wertanmutung und das Prestige" der S-Klasse,
was aber getrost als Humbug gelten darf.
Ob der Final Countdown für die R-Klasse ein happy end findet, wird interessant zu beobachten sein. Trotz des
zweifellosen optischen und dieselmotorischen Fortschritts sind wir aber jedenfalls für Deutschland nicht allzu
zuversichtlich.